Der Mensch ist trotz aller modernen Wissenschaft nach wie vor ein Puzzle mit vielen fehlenden Teilen. Manche davon kann die Biophysik finden. Biophysiker untersuchen, was in den Zellen des Körpers passiert und welche Kräfte dabei wirken. Zwei Studierende, Julia Weibert und Valentin Warken, geben einen Einblick in ihr Studium an der Universität des Saarlandes.

Julia Weibert und Valentin Warken geben einen Einblick in ihr Biophysik-Studium an der Universität des Saarlandes. Foto: Thorsten Mohr
Zu verstehen, was die Welt im Innersten zusammenhält, ist eine Frage, die Julia Weibert ebenso umtreibt wie Goethes Faust. Die Welt, das ist im Falle der 21-Jährigen der menschliche Körper. „Wir bestehen alle aus Zellen, aber in der Tiefe haben wir keine Ahnung, wie die Abläufe tatsächlich vonstatten gehen. Der Körper ist ja wie eine Fabrik, in die wir nicht hineinschauen können“, sagt die junge Frau, die kurz vor ihrem Bachelorabschluss in Biophysik steht. Sie hat schon seit der Schulzeit den Wunsch verspürt, „die Welt verstehen zu wollen und Fragen zu stellen“. Dass die Biophysik genau die richtige Spielwiese für diesen Drang ist, liegt auch an der unfassbaren Komplexität des Gegenstands, der im Fokus ihrer Untersuchungen liegt: „Denn in einer menschlichen Zelle sind mehr Atome als Sterne in einer Galaxie“, weiß Valentin Warken.
Der Kommilitone von Julia Weibert steht kurz vor Abschluss seines Masterstudiums in Biophysik. Er hat sich gleich in das Fach verliebt, wie er sagt. Nach seinem Studium der Biomedizintechnik an der hwt saar hat sein dortiger Professor ihm das Studium an der Universität nahegelegt. „Das htw-Studium war sehr technisch, praxisnaher als das Uni-Studium.“ Die Grundlagenforschung, die „harte“ Wissenschaft hat den 27-Jährigen aber schon immer fasziniert, daher war das Studium der Biophysik genau das, wonach er nach dem htw-Abschluss gesucht hatte.
Im Labor untersuchen die beiden zum Beispiel, wie sich Zellen im Körper genau verhalten, also, wie sie sich von A nach B bewegen und welche Rolle das Zellskelett genau spielt. „Auf diese Weise gewinnen wir ein besseres Verständnis dafür, wie Krankheiten entstehen“, sagt Julia Weibert. Und wenn man weiß, was die Zellen so treiben und wo man sie anpacken kann, findet man vielleicht auch einen Weg, wie man Krankheiten besser bekämpfen kann.
Hilfreich ist hier die hochkarätige Ausstattung in den Saarbrücker Biophysik-Laboren. Julia Weibert schwärmt zum Beispiel vom STED-Mikroskop, das in den Laboren der Biophysik steht. „Das ist das High-End-Gerät überhaupt.“ 2014 wurde der Göttinger Forscher Stefan Hell mit dem Chemie-Nobelpreis für seine Verbesserungen an dieser Art der Lichtmikroskopie, die eine besonders hohe Auflösung ermöglicht, ausgezeichnet. Mit diesem Mikroskop können bereits die Studierenden Bilder von Zellen machen, die ihresgleichen suchen.

„Nach einem halben Jahr war ich kurz vor dem Abbruch des Studiums. Der Anfang ist hart. Man muss sich schon reinkämpfen, festbeißen. Und klarmachen: Am Ende kann man coole Sachen machen.“
Bis es so weit war, dass die beiden im Labor reüssieren konnten, war es aber ein steiniger Weg. „Nach einem halben Jahr war ich kurz vor dem Abbruch des Studiums. Der Anfang ist hart“, räumt Julia Weibert ein. „Man muss sich schon reinkämpfen, festbeißen. Und klarmachen: Am Ende kann man coole Sachen machen.“ Wie durchs STED-Mikroskop schauen eben. Valentin Warken pflichtet dem bei: „Man muss viel Leidenschaft und Neugier reinstecken. Aber wenn das geschafft ist, der Anfang gemacht ist, macht es richtig Spaß“, sagt er.
Das liegt nicht zuletzt an der sehr persönlichen und engen Betreuung durch die Professorinnen und Professoren in Saarbrücken. „Da wir nicht so viele Studenten sind, haben wir einen sehr persönlichen Kontakt zu den Profs, die uns sehr unterstützen im Studium“, sagt Valentin Warken. Eine der Professorinnen, Franziska Lautenschläger, war es auch, die Julia Weibert zum Studium in Saarbrücken motivieren konnte. „Sie hat einen Vortrag übers Biophysik-Studium am Tag der offenen Tür gehalten, der hat mich dann gleich überzeugt“, berichtet sie über ihre Entscheidung.
Mit der baldigen Fertigstellung des neuen Zentrums für Biophysik, das von Franziska Lautenschläger geleitet wird und einer der größten Forschungsbauten in der Geschichte des Saarlandes überhaupt ist, wird die technische Qualität nochmals in eine andere Sphäre katapultiert. Dann werden alle Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Biophysik, die derzeit auf dem Campus verstreut arbeiten, unter einem Dach zusammenfinden. Vielleicht werden dann auch Julia Weibert und Valentin Warken dort unterkommen. Beide möchten gerne nach ihren Abschlüssen der Wissenschaft erhalten bleiben und promovieren. Der Drang nach der Erkenntnis, was die Welt – und uns Menschen – im Innersten zusammenhält ist einfach zu stark.
Interview
Lesen Sie zum Text ein Interview mit Prof. Franziska Lautenschläger und Prof. Albrecht Ott über das Studium der Biophysik in Saarbrücken: https://campus.uni-saarland.de/studium/mit-biophysik-beschwingt-aus-dem-...