Kleine Freude und große Hilfsbereitschaft

Ende vergangenen Jahres tauchten über Wochen immer wieder kleine, aus Papier gefaltete Blumen und Tiere im Foyer der Unibibliothek auf. Lange war nicht klar, wer hinter den Origamis steckte. Sulb-Mitarbeiterin Christine Hohnschopp jedoch wollte es genau wissen und ging auf die Suche. So stieß sie auf Ali Kemal Kula. Der türkische Jurastudent hat Spaß daran, anderen Menschen mit seinen papierenen Preziosen eine kleine Freude zu bereiten. Und er hilft damit seinen Landsleuten, die nach wie vor unter den Folgen des Erdbebens im Februar leiden.

© Thorsten Mohr

Ali Kemal Kula hat Dutzende Origamis gefaltet, die in der Unibibliothek zu sehen sind. Gegen eine kleine Spende kann man eines der kleinen Kunstwerke mitnehmen. Das Geld fließt an die Opfer der Erdbebenkatastrophe in der Türkei und Syrien.

„Alles begann mit ein paar Origami-Figuren im November letzten Jahres“, erinnert sich Christine Hohnschopp. Die Fachreferentin für Öffentlichkeitsarbeit an der Universitäts- und Landesbibliothek (Sulb) entdeckte Woche für Woche kleine Kunstwerke aus gefaltetem Papier, ohne zu wissen, wer sie im Foyer der Sulb abgestellt hatte. „Anfang des Jahres hatten sich bereits zirka 15 Figuren dort eingefunden, so dass ich daraus eine kleine Aktion gemacht habe, indem ich sie in die Vitrinen stellte und ihnen einen Platz gab“, erinnert sie sich.

 

Wer dahintersteckte, wusste sie bis dahin aber noch nicht. Bis sie einen Zettel mit einer Botschaft in der Vitrine hinterließ, auf dem die Bitte stand, dass sich der anonyme Papierkünstler doch mal melden möge, die Figürchen seien so nett und man möge sich einmal treffen, um am Tag der offenen Tür am 13. Mai gemeinsam einen Origami-Workshop anzubieten. Was der anonyme Künstler dann auch prompt tat.

 

Sein Name ist Ali Kemal Kula. Der 27-Jährige studiert an der Saar-Uni den Masterstudiengang Europäisches und Internationales Recht (https://www.uni-saarland.de/studium/angebot/weiterbildend/europaeisches-internationales-recht.html), nachdem er seinen ersten Abschluss in Ankara gemacht hatte.

 

Seine Inspiration fürs Origami fand er durch die Fernsehserie „Prison Break“, deren Hauptfigur Michael ebenfalls Origami-Tiere faltet. In der Schule, in Mathematik, hatte er bereits ein Faible für geometrische Figuren. Origami kommt ihm dabei gleich doppelt zugute, zumal er sich auch eine fast meditative Auszeit vom anstrengenden Pauken von Recht und Gesetz nehmen kann, wenn er stundenlang in Rosen, Kraniche und andere Figuren versinken kann. Gut 20 Minuten braucht er für seine derzeitige Lieblingsfigur, eine Rose. Komplexe Figuren, die aus ungefähr 30 Teilen bestehen, können auch mal mehrere Stunden in Anspruch nehmen.

 

 

„Ich mache überall Origamis“, erzählt Kemal, der aus Antalya an der türkischen Mittelmeerküste stammt. Oft lässt er Origami-Figuren im Zug liegen, damit andere Fahrgäste sie finden können. „Es macht mich glücklich, wenn ich anderen eine kleine Freude damit machen kann“, sagt der sympatische junge Mann in fließendem Englisch. Auch seine Freunde hier und zuhause in der Türkei freuen sich über seine kleinen Aufmerksamkeiten aus Papier.

 

Bis zum 6. Februar 2023 war es diese Freude, die ihn motiviert hat. Ab dem Tag jedoch war die kleine Freude an schönen Figuren leider nicht mehr die einzige Motivation. Das schreckliche Erdbeben, das damals weite Teile der südöstlichen Türkei und Nordsyriens verwüstete, dabei über 50.000 Menschenleben forderte, machte auch Kemal fassungslos. Zwar hat er keine direkten verwandtschaftlichen Beziehungen in das Erdbebengebiet. Aber Freunde, die dort wohnen und die Familienmitglieder verloren haben, brachten das Geschehen doch recht nahe an ihn heran. Kemal überlegte, was er persönlich tun könnte, um einen kleinen Beitrag zu leisten. „Ich habe selbst schon gespendet“, sagt er. Als Student sitzt der Geldbeutel aber naturgemäß nicht allzu locker. Die Lösung, klar: Origami.

 

© Thorsten Mohr

Kemal hat eine Origami-Leinwand gefaltet, auf der ein QR-Code zu sehen ist. Dieser führt auf eine Webseite, auf der verschiedene Spendenorganisationen gelistet sind, die beim Wiederaufbau der Erdbebenschäden helfen.

Christine Hohnschopp

 

„Kemal hat eine Origami-Leinwand gefaltet, auf der ein QR-Code zu sehen ist. Dieser führt auf eine Webseite, auf der verschiedene Spendenorganisationen gelistet sind, die beim Wiederaufbau der Erdbebenschäden helfen“, so Christine Hohnschopp, die Kemal nach Kräften unterstüzt. Wie viel über die Falt-Staffelei bereits gespendet wurde, weiß Kemal natürlich nicht, da er ja keinen Einblick in die Finanzen der Hilfsorganisationen wie Unicef oder dem Deutschen Roten Kreuz hat. Ein paar Euro sind es aber mindestens! Denn ein Origami-Fan hat sich mit einem kleinen Vogel bedankt, auf der er oder sie vermerkt hat „Just donated, THX 4 the inspiration.“

 

Das ist auch nach wie vor nötig. Denn auch wenn die Berichterstattung über das Erdbeben inzwischen nahezu nicht mehr existiert, ist die Not vieler Menschen weiterhin groß. Viele Leben nach wie vor in Zelten, und die zerstörten Gebäude sind natürlich noch lange nicht wieder hergestellt.

 

Wer mehr über Kemals Origami-Kunst erfahren möchte oder die Hilfsorganisationen mit einer Spende zugunsten der Erdbebenopfer unterstützen möchte, kann Kemals Workshop am Tag der offenen Tür besuchen (https://uni-saarland.lineupr.com/infotag2023/). Wer möchte, darf sich übrigens jederzeit gegen eine freiwillige Spende eine der kleinen Figuren aus der Ausstellung in der Sulb mitnehmen.

Text:Von Thorsten Mohr
Von Thorsten Mohr
11.05.2023
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Zur Spendenwebseite

Hier geht's zur Übersicht der Spendenorganisationen, auf die Kemals Orgiami-Kunstwerk verlinkt: https://drive.google.com/file/d/1sFg9650cf3TY5Gn6NapWzEUxXMjkG7Cd/view