Am 7. Juni kann der Pionier der Technischen Biologie und Bionik in Deutschland und emeritierte Professor für Zoologie an der Universität des Saarlandes, Dr. Werner Nachtigall, seinen 90. Geburtstag begehen.
Im böhmischen Saaz geboren, studierte Werner Nachtigall nach seinem Abitur in Augsburg Naturwissenschaften an der Ludwig-Maximilians-Universität und der Technischen Universität in München und schloss das Studium mit der Promotion und dem Staatsexamen ab. Seit 1959 wirkte er als wissenschaftlicher Assistent unter anderem am Strahlenbiologischen Institut in Neuherberg und später am Zoologischen Institut der Universität München, wo er die Forschungsrichtung „Flugbiophysik“ aufbaute. In seiner Arbeitsgruppe widmete er sich grundlegenden Aspekten der physiologischen und aerodynamischen Anpassung von Insekten und Vögeln an den Flug und kombinierte dazu biologische und physikalische Methoden.
Der Habilitation für Zoologie in München 1965 folgte 1966 eine Gastprofessur an der in University of California Berkeley und 1967 die Ernennung zum Universitätsdozenten. Als führender Forscher auf dem Gebiet der Biomechanik wurde der Jubilar im September 1969 nach dem Tod von Prof. Gustaf de Lattin auf das Saarbrücker Ordinariat für Zoologie berufen. Über drei Jahrzehnte, bis zu seiner Emeritierung am Ende des Sommersemesters 2002, hielt der national und international renommierte Wissenschaftler der Universität des Saarlandes die Treue und lehnte auch einen ehrenvollen Ruf an die Technische Universität München ab.
1990 begründete Werner Nachtigall den Studiengang „Technische Biologie und Bionik” und die „Gesellschaft für Technische Biologie und Bionik“, deren erster Vorsitzender er bis 2003 blieb. Er war Mitbegründer des „Bionik-Kompetenzzentrums“, dessen Standort an der Universität des Saarlandes er leitete. Ferner entfaltete er vielfältige Aktivitäten für die wissenschaftliche Gemeinschaft unter anderem als Vertrauensdozent der Studienstiftung des Deutschen Volkes, langjähriger Fachgutachter der Deutschen Forschungsgemeinschaft, Mitglied der Mainzer Akademie der Wissenschaften und der Literatur sowie als Mitglied der Sudetendeutschen Akademie der Wissenschaften und Künste in München. Von 1990 bis 1992 stand er auch als Dekan an der Spitze der Saarbrücker Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät.
Sein wissenschaftliches Werk umfasst über 300 Publikationen, darunter als Autor oder Mitautor die Bücher „Biomechanik“ (2001) „Bionik – Grundlagen und Beispiele für Ingenieure und Naturwissenschaftler“ (2003), „Insektenflug“ (2003), „Biologisches Design“ (2005), „Bionik als Wissenschaft“ (2010), „Bionik in Beispielen" oder „Bau-Bionik. Natur – Analogie – Technik“ (2. Auflage 2013), „Faszination Mikroskopie“ (2020), „Bewegungsphysiologie – Laufen, Schwimmen, Fliegen“ (2020) „Präparation und Mikroskopie von Pflanzen, Tieren und anorganischen Strukturen“ (2022). Außerdem ist 2023 seine zweibändige Autobiographie zur Kindheit und Jugend sowie zum Berufsleben mit den Stationen München, Berkeley und Saarbrücken erschienen. Sein Oeuvre und seine Verdienste sind durch mehrere Auszeichnungen und Ehrungen, darunter die Karl-Ritter-von-Frisch-Medaille der Deutschen Zoologischen Gesellschaft (1982), den Internationalen Rheinlandpreis für Umweltschutz (2002) und die Treviranus-Medaille des Verbandes Deutscher Biologen (2004) gewürdigt worden.