Professor für kognitive Sensorsysteme leitet Fraunhofer IZFP

In einem gemeinsamen Berufungsverfahren der Fraunhofer-Gesellschaft und der Universität des Saarlandes wurde Bernd Valeske für eine Doppelfunktion ausgewählt: Er wurde kürzlich zum geschäftsführenden Leiter des Fraunhofer IZFP auf dem Saarbrücker Campus ernannt und erhielt jetzt zudem eine Professur für kognitive Sensorsysteme an der Universität.

© Fraunhofer IZFP / Uwe Bellhäuser

Für Bernd Valeske liefern Sensorsysteme nicht einfach nur Messdaten, sie sollen auch mitdenken und selbst entscheiden können, was aufgrund eines Messergebnisses zu tun ist. Seine Forschung konzentriert sich daher auf so genannte kognitive Sensorsysteme, deren technische Anwendungen sehr vielfältig sind. „Bei einer Brücke können Sensoren zum Beispiel die Belastung durch schwere LKWs und starke Winde messen und selbstständig Warnsysteme aktivieren, wenn das Bauwerk im Laufe seiner Nutzung zu stark beansprucht wird und in einen ‚ungesunden Betriebszustand‘ gerät“, erläutert der Professor. Dies funktioniere so ähnlich, wie man es von smarten Sensoren für die individuelle persönliche Gesundheitsvorsorge und aus dem Fitness-Monitoring kenne. „Intelligente Sensoren am menschlichen Körper analysieren Herzfrequenzen und informieren uns zu verdächtigen Gesundheitszuständen. Gleichzeitig können sie bei krankhaften oder zumindest kritischen Abweichungen in der klinischen Betreuung die Medikamentengabe anpassen. Oder sie senden noch eine Stufe früher per Smart Watch Warnhinweise im Alltag, um so frühzeitig einer Erkrankung vorzubeugen und entgegenzuwirken“, nennt Valeske als weiteres Beispiel.
 
In der Fachrichtung „Systems Engineering“ der Universität, der Bernd Valeske über seine neue Professur angehören wird, stehen neben der Sensortechnik auch die damit gesteuerten Produktionsprozesse sowie die darüber hinausreichende ganzheitliche Prozessoptimierung für eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft im Fokus. Die Ressourcenschonung und kognitive Sensor- und Datensysteme, mit denen die Prozesse in digitalisierten Kreislauf- und Wertstromketten optimiert werden können, sind Kern der Forschung am Fraunhofer IZFP und am neuen Lehrstuhl für kognitive Sensoren an der Universität. „Sie gestalten mit innovativen Technologien das Fundament für eine lebenswerte Zukunft und in dem für uns alle bedeutsamen Feld der ‚Circular Economy‘, die heute viel weitreichender gedacht wird als die Kreislaufwirtschaft. Dieses Forschungsfeld profitiert von den Synergien der international bestens positionierten ingenieurwissenschaftlichen Disziplinen Materialwissenschaft sowie Systems Engineering an der Universität des Saarlandes in Kombination mit der digitalen Informationsverarbeitung“, unterstreicht der Ingenieur.
 
Eines der Ziele von Institutsleiter Valeske ist es, den gesamten Lebenszyklus von Materialien engmaschig zu begleiten. „Ähnlich wie bei einer digitalen Patientenakte können wir über Sensorsysteme den gesamten Material- und Produktlebenszyklus mitverfolgen, also vom Rohstoff über die verschiedenen Verarbeitungsschritte bis zum fertigen Produkt und dann auch weiter während des Einsatzes. Früher konnte man etwa am Auto leicht erkennen, wenn die Karosserie durchgerostet war. Heute benötigt man bei Verbundwerkstoffen genauere Analyseverfahren, um zu erkennen, wann diese so gealtert sind, dass es gefährlich werden könnte“, erläutert Bernd Valeske.
 
Die Materialüberwachung soll zudem nicht aufhören, wenn das Produkt aus dem Verkehr gezogen wird. „Im Sinne der ‚Circular Economy‘ müssen wir uns schon zu Produktionsbeginn Gedanken darüber machen, wie die Materialien am Ende wiederverwertet werden können“, betont der Wissenschaftler. Kognitive Sensorsysteme lieferten in jeder Lebensphase die notwendigen Informationen zum Material- und Produktzustand. Erst mit den Sensordaten könne man diesen optimieren und die richtigen Maßnahmen im Material- und Produktleben treffen. „Damit lässt sich der Materialkreislauf schließen. Werkstoffe werden zu Wertstoffen und am Ende mit vollständig stofflichem Recycling zu wiederverwerteten Rohstoffen. Der Lebenszyklus beginnt von Neuem“, erklärt der Professor.
 
Mit seinen Forschungsthemen sieht Bernd Valeske viele Anknüpfungspunkte nicht nur zur universitären Forschung, sondern auch zu den weiteren außeruniversitären Forschungsinstituten auf dem Campus sowie dem Fraunhofer-Institut für Biomedizinische Technik IBMT in St. Ingbert. Gemeinsam mit letzterem hat das Saarbrücker Fraunhofer-Institut erst kürzlich das Zentrum für intelligente Sensortechnik gegründet. Dieses wird auf dem Uni-Campus ein eigenes Gebäude bekommen, damit mehrere Forschergruppen möglichst interdisziplinär zusammenarbeiten können (siehe Presse-Info).
 
Hierbei seien die kurzen Wege im Saarland hilfreich, viele Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler würden sich bereits persönlich kennen und hätten Ideen für gemeinsame Projekte. „Auch die Studierenden und Doktoranden sollen von dieser Zusammenarbeit profitieren. Wir wollen den Austausch zwischen Universität und den außeruniversitären Forschungsinstituten noch durchlässiger gestalten und neben Praktika und wissenschaftlichen Hilfskraftjobs auch gemeinsame Bachelor- und Masterarbeiten sowie Promotionen anbieten. Absolventen können dann in der Forschung weiterarbeiten oder eine Karriere in der Industrie anstreben“, so Bernd Valeske.
 
Universitätspräsident Manfred Schmitt sieht in der Verknüpfung der Institutsleitung des Fraunhofer IZFP und einer Universitätsprofessur innerhalb der Naturwissenschaftlich-Technischen Fakultät viel Potenzial für die Ingenieurwissenschaften im Saarland. „Im Bereich der kognitiven Sensorsysteme wird es nicht nur substanzielle Synergien mit den ingenieurwissenschaftlichen Fachrichtungen Systems Engineering und Materialwissenschaft und Werkstofftechnik geben, sondern darüber hinaus auch mit der exzellenten Informatik an der Universität und den außeruniversitären Forschungsinstituten am Standort. In intelligenten Sensorsystemen fallen heutzutage riesige Datenmengen an, die nur mit Hilfe modernster Methoden der Künstlichen Intelligenz und des maschinellen Lernens ausgewertet werden können; für beides gibt es hier auf dem Campus bekanntermaßen viel Expertise“, betont Manfred Schmitt.
 
Der saarländische Wissenschaftsminister, Jakob von Weizsäcker, sieht die neue Doppelfunktion von Professor Bernd Valeske als hervorragende Basis an, um die Zusammenarbeit der Universität des Saarlandes mit den Fraunhofer-Instituten im Saarland weiter zu intensivieren. „Besonders erfreulich ist, dass so viele innovative Schlüsselfelder der saar­län­di­schen Hochschul- und Wissenschaftslandschaft durch diese Berufung noch stärker interdisziplinär miteinander verbunden werden, von der Materialwissenschaft über die In­for­ma­tik, in­tel­li­gen­te Fer­ti­gungs­ver­fah­ren und den Au­to­bau der Zu­kunft bis hin zu Life Sci­ence“, unterstreicht Minister von Weizsäcker.
 
Weitere Informationen:
www.uni-saarland.de/fachrichtung/systems-engineering.html
www.izfp.fraunhofer.de
www.zsi.fraunhofer.de

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