Fast sein ganzes wissenschaftliches Leben lang hat sich Ingolf Bernhardt mit der Erforschung roter Blutzellen beschäftigt. In seinem neuen Buch stellt der emeritierte Biophysik-Professor die erstaunlichen Leistungen und Eigenschaften unseres Blutes anschaulich und unterhaltsam vor.

Ingolf Bernhardts Buch hilft Leserinnen und Lesern aller Altersgruppen, das Wunderwerk „Blut“ besser zu verstehen.
Er wolle mit dem Büchlein die Fragen seiner Enkelkinder – Enkelin Nola ist 13 und Enkel Niklas neun Jahre alt – beantworten, schreibt Ingolf Bernhardt in der Einführung. Seine leicht verständlichen Texte und die anschaulichen Grafiken von Katharina Klein machen in kurz gehaltenen Kapiteln deutlich, dass unser Blut viel mehr ist als der „ganz besondere Saft“ aus Goethes „Faust“: Als Hochleistungs-Transportsystem schleust es Sauerstoff und Nährstoffe in den Körper, bugsiert Abfallprodukte wieder hinaus, wehrt Krankheitserreger ab, verschließt Wunden und sorgt für eine konstante Körpertemperatur. Rund fünf bis sechs Liter Blut fließen durch die Blutgefäße eines Erwachsenen, bei Kindern mit einem Gewicht von 35 Kilogramm sind es etwa 2,5 Liter (was etwa acht Coladosen entspricht) – angetrieben von einem Herzen, das täglich bis zu 10.000 Liter Blut bewegt.
Bis zu 50 Prozent des Blutes besteht aus roten Blutkörperchen (Erythrozyten) – 25 bis 30 Billionen davon gibt es im menschlichen Körper. Deren Gesamtoberfläche beträgt etwa 4.500 Quadratmeter und ist damit größer als ein halbes Fußballfeld. Das Leben eines roten Blutkörperchens dauert rund 120 Tage. Das bedeutet, dass unser Körper pro Sekunde zwei bis drei Millionen rote Blutzellen herstellt und die gleiche Menge wieder abbaut. Sie bewegen sich im Blutplasma, gemeinsam mit weißen Blutkörperchen (Leukozyten), die als körpereigene Polizei gegen Krankheitserreger kämpfen, und Blutplättchen (Thrombozyten), die bei Verletzungen blitzschnell zur Stelle sind, um Wunden zu verschließen.
Erstaunliche Phänomene sind im Tierreich zu beobachten: Bei Kamelen, die innerhalb weniger Minuten bis zu 200 Liter Wasser trinken können, vergrößern sich die roten Blutzellen auf bis zu 250 Prozent ihres normalen Volumens. Und: Blut ist nicht immer rot. Schnecken, Spinnen und Tintenfische haben blaues Blut – im Blutfarbstoff dieser Tiere ist Kupfer statt Eisen enthalten. Und einige Echsen in Neuguinea haben grünes Blut.
In der Medizin ist Blut eine wichtige Informationsquelle: Ob kleines oder großes Blutbild, Blutsenkung oder Blutgruppen – aus ein paar Millilitern lassen sich viele Rückschlüsse auf unsere Gesundheit ziehen. Viele Krankheiten stehen auch unmittelbar mit dem Blut in Verbindung. Dazu zählen die Bluterkrankheit und die Malaria, eine Infektion, die durch den Stich einer weiblichen Fiebermücke übertragen wird.
In weiteren Kapiteln erklärt Ingolf Bernhardt unter anderem, wie ein blauer Fleck entsteht, wieso manche Menschen bei Flugreisen Antithrombosestrümpfe tragen, und was in großen Höhen mit dem Blut passiert. Man erfährt beispielsweise, dass der Körper bei längerem Aufenthalt im Hochgebirge vermehrt Erythropoetin (EPO) produziert – ein körpereigenes Hormon, das die Bildung roter Blutzellen stimuliert. Dieser Punkt führt den Autor zum letzten Kapitel – dem Blutdoping –, bevor er sein Buch mit kurzen Texten über seine eigenen Forschungen zu Blut sowie einem leicht verständlichen Glossar beendet.
Blut. Der rote Strom des Lebens
Bernhardt, Ingolf / Klein, Katharina. Leipziger Universitätsverlag, 2025, ISBN 978-3-96023-648-1.
Der Autor
Ingolf Bernhardt studierte Physik an der Lomonossow-Universität in Moskau und spezialisierte sich auf dem Gebiet der Biophysik, anschließend arbeitete er im Institut für Biophysik an der Humboldt-Universität in Berlin. Der Promotion 1981 folgte 1986 die Habilitation. Sein wissenschaftliches Interesse galt der Erforschung der roten Blutzelle, insbesondere dem Ionentransport durch die Membran dieser Zelle.
Mehrere Jahre leitete Ingolf Bernhardt das Isotopenlabor seines Instituts und hielt Vorlesungen zur Membranbiophysik sowie Strahlenbiophysik. Als Privatdozent wechselte er im Jahre 2000 an die Universität des Saarlandes, wo er bis zu seinem Rentenbeginn 2018 tätig war. Auch hier übernahm er die Leitung des Zentralen Isotopenlabors auf dem Campus Saarbrücken und stand einer Arbeitsgruppe Biophysik vor. 2002 wurde er zum außerplanmäßigen Professor ernannt.