Betriebswirtschaftslehre
„Ich habe durchgehalten, um eine bessere Zukunft für meine Familie und mich zu sichern“

Thilini Ranashinghe ist vor ein paar Jahren nach Saarbrücken gekommen, um bei Eric Grosse zu promovieren. Der Juniorprofessor für Digitale Transformation im Operations Management ist ein international anerkannter Fachmann für den digitalen Wandel in Produktion und Logistik. Seine Erkenntnisse könnten in Industriebetrieben wie in Thilini Ranasinghes Heimat Sri Lanka, wo die Textilindustrie eine große Rolle spielt, für große Fortschritte sorgen. Darauf setzt auch die 35-Jährige große Hoffnungen.

Thilini Ranashinghe im Foyer des Audimax-Gebäudes, in dem auch viele Vorlesungen der Betriebswirtschaftslehre gehalten werden. Foto: Thorsten Mohr

Sie sind aus Sri Lanka nach Saarbrücken gekommen. Warum haben Sie sich die Universität des Saarlandes ausgesucht?

Thilini Ranashinghe: Die Wahl der Universität des Saarlandes für mein Promotionsstudium wurde maßgeblich durch die Anwesenheit von Professor Eric Grosse und seinem Forschungsteam beeinflusst. Ihre bahnbrechenden Arbeiten befassen sich mit zukunftsweisenden Themen, die sich eng mit den Zielen meines Promotionsvorhabens decken. Der Fokus des Lehrstuhls auf die digitale Transformation deckt sich perfekt mit meinen Forschungsinteressen und Karrierewünschen. In meiner Doktorarbeit beschäftige ich mich mit den Auswirkungen des digitalen Wandels auf die verarbeitende Industrie, wobei ich mich besonders darauf konzentriere, wie sich diese Veränderungen auf die alternde Belegschaft auswirken.

 

Wie kamen Sie auf dieses Themengebiet? Was hat Sie geprägt?

Meine Eltern, eine Lehrerin und ein Kleinunternehmer, haben von klein auf unermüdlich gearbeitet. Obwohl ihre Bildungswünsche nicht erfüllt wurden, vermittelten sie meiner Schwester und mir die Bedeutung von Bildung.

Meine berufliche Reise begann unmittelbar nach meinem Bachelor-Abschluss an der Universität von Peradeniya, Sri Lanka, als ich als Wirtschaftsingenieurin bei einem führenden Bekleidungshersteller in Sri Lanka anfing. Als ich durch die Produktion ging, war ich beeindruckt von der Hingabe und der Teamarbeit der Arbeiter. Trotz der sich wiederholenden Aufgaben waren ihre Motivation und ihr Fokus auf Qualität und Effizienz ungebrochen. Diese Erfahrung verdeutlichte die entscheidende Rolle der menschlichen Arbeitskraft in der Industrie, ungeachtet des technischen Fortschritts, insbesondere in Sektoren wie der Bekleidungsherstellung.

Diese Erkenntnis weckte in mir den Wunsch, mich eingehender mit dem Thema zu beschäftigen. Ich kehrte an die Universität von Peradeniya zurück, um meinen Master of Philosophy mit dem Thema "Modellierung und Analyse des menschlichen Lernens in Fertigungssystemen" zu absolvieren. Diese Forschung war ein Augenöffner für mich, da sie die wenig erforschten Bereiche des Human Factors Engineering aufdeckte, bei denen der Schwerpunkt auf der Interaktion zwischen Menschen und Produktionssystemen liegt.

 

Wie haben Sie Ihren Umzug nach Saarbrücken, ans andere Ende Ihrer Welt, erlebt?

Mit meiner Reise im Juni 2022 nach Saarbrücken ist ein Traum wahr geworden, der jedoch mit erheblichen persönlichen Opfern verbunden war, einschließlich der schwierigen Entscheidung, meinen fünfjährigen Sohn zurückzulassen.

Die Anfangszeit hier war sehr hart. Ich hatte einen anstrengenden Job in einem Saarbrücker Modehaus. Das Arbeitsumfeld war hart, es fehlte an grundlegendem Respekt und Achtung meiner Würde. Dennoch habe ich  durchgehalten, um eine bessere Zukunft für meine Familie und mich zu sichern.

Der Wendepunkt war die Verleihung des GraduSAAR-Stipendiums – ein Moment großer Erleichterung. Dieses Stipendium entlastete mich finanziell erheblich und ermöglichte es mir, eine bessere Unterkunft zu finden und mich ganz meiner Forschung zu widmen.

Das GraduSAAR-Stipendium ist nicht nur eine finanzielle Hilfe, sondern eine Anerkennung meiner Fähigkeiten und eine wichtige Unterstützung, die es mir ermöglicht, mein Potenzial als Wissenschaftlerin voll auszuschöpfen. Es ist ein Schritt in eine bessere Zukunft. Ich bin zutiefst dankbar für die Möglichkeiten, die mir das GraduSAAR-Stipendium bietet.

 

Welche Pläne haben Sie für die Zeit nach Ihrer Promotion?

Ich freue mich sehr darauf, die srilankische Fertigungsindustrie mit meinem Wissen zu unterstützen, wenn die Wellen der digitalen Transformation unsere arbeitsintensiven Produktionsstätten erreichen.

 

 

Text:Interview: Thorsten Mohr
Interview: Thorsten Mohr
02.05.2024
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