Die IT-Sicherheit in vernetzten Wohnquartieren steht im Fokus eines neuen Forschungsprojektes, bei dem Partner aus Wissenschaft und Praxis zusammenarbeiten. Unter Leitung von Rechtsinformatiker Frederik Möllers vom Zentrum für Recht und Digitalisierung der Universität des Saarlandes forscht ein fachübergreifendes Konsortium daran, die Sicherheit von Smart Home-Netzwerken von der Hardware bis hin zur Anwendung der Software zu verbessern.
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Kameras haben im Blick, was zuhause passiert, Licht, Heizung und Rollläden sind intelligent geschaltet, der Saugroboter kennt jeden Winkel im trauten Heim, die Waschmaschine startet per App: In unseren vier Wänden wird es zusehends smarter. Eine neue Dimension bekommt das intelligente Wohnen in Gebäudekomplexen, in denen nicht nur jede einzelne Wohnung für sich, sondern viele zusammen vernetzt werden. „Direkt mit dem Bau oder bei der Renovierung solcher Quartiere halten bereits heute viele Digitalisierungen Einzug. Die Entwicklung auf diesem Gebiet verläuft vor allem in Großstädten rasant. In naher Zukunft werden auf diese Weise vielfach wohnungsübergreifende Vernetzungen von Smart Home-Geräten entstehen“, sagt Frederik Möllers, promovierter Informatiker und Spezialist für Rechtsinformatik und IT-Sicherheit von der Universität des Saarlandes.
Durch die in solch größerem Maßstab vernetzte Technik kann vieles komfortabler und energieeffizienter werden. „Die vernetzten Geräte der vielen Haushalte liefern große Datenmengen. Mithilfe künstlicher Intelligenz lässt sich damit eine noch besser angepasste und maßgeschneiderte Umgebung schaffen. Das Verhalten und die Bedürfnisse der Bewohnerinnen und Bewohner werden vorhersagbar und die Technik kann darauf abgestimmt werden. Das bringt viele Annehmlichkeiten mit sich und hilft auch, Energie und Kosten zu sparen“, erklärt Frederik Möllers, der an der Universität des Saarlandes stellvertretender Geschäftsführer des Zentrums für Recht und Digitalisierung (ZRD Saar) ist. Mit den Erkenntnissen aus diesen Daten können etwa die Zeiteinstellung der Heizung oder die bedarfsgerechte Beleuchtung im Wohnblock dem Verhalten der Bewohner angepasst werden. Vieles lässt sich intelligent steuern, auch etwa, wann und wie ihre Elektroautos automatisch aufladen, damit das Stromnetz nicht überlastet wird.
"Wir wollen Konzepte und Verfahren entwickeln, um übergreifende Smart Home- und Smart City-Netze vor gezielten Angriffen, unberechtigtem Zugriff oder unerwarteten Ausfällen zu schützen und eine sichere Kommunikation, sichere Updates und sichere Hardware zu ermöglichen."
Aber gerade in diesem größeren Maßstab der Quartiere lauern auch Gefahren: So könnten etwa Hacker die smarte Infrastruktur ausnutzen, um diese anzugreifen. „Durch die Vernetzung ganzer Wohnquartiere tauchen neue Fragestellungen auf. Das innovative Wohnumfeld bietet Vorteile, birgt aber auch Risiken für die IT-Sicherheit und den Datenschutz der Bewohner. Aus diesem Grund werden neue, ganzheitliche IT-Sicherheitsansätze und rechtliche Rahmenbedingungen benötigt“, erläutert Frederik Möllers. Damit künftig solche Wohnquartiere ohne Gefahren smart werden können, ist unter seiner Leitung an der Universität des Saarlandes das Forschungsprojekt „Sicherheit im intelligenten vernetzten Haus (Silgentas)“ gestartet, an dem neben der Universität Lübeck auch zahlreiche Partner aus der Praxis beteiligt sind.
„Zentrales Ziel des Projektes ist es, die IT-Sicherheit von übergreifenden Smart Home- und Smart City-Netzen zu verbessern und datenschutzrechtlichen Fragestellungen auf den Grund zu gehen. Wir wollen Konzepte und Verfahren entwickeln, um solche Netzwerke vor gezielten Angriffen, unberechtigtem Zugriff oder unerwarteten Ausfällen zu schützen und eine sichere Kommunikation, sichere Updates und sichere Hardware zu ermöglichen“, sagt Frederik Möllers. Dabei arbeiten im Projekt Expertinnen und Experten verschiedener Fachdisziplinen zusammen. Sie werden anhand echter, belastbarer Daten forschen: Ein echtes Wohnquartier soll im Laufe des Projektes als Forschungsobjekt dienen. Die Forscherinnen und Forscher entwickeln hierzu einen Demonstrator und eine Benutzerplattform, um die neuen Ideen live zu testen.
An der Universität des Saarlandes arbeiten Möllers und sein Team im Rahmen des Projektes daran, systematisch mögliche Risiken für die IT-Sicherheit vernetzter Wohnquartiere ausfindig zu machen. Außerdem erforschen sie Algorithmen, mit deren Hilfe es möglich wird, automatisch Anomalien zu erkennen. „Solche Anomalien etwa in Form von Einbrüchen, Schäden oder Notfällen sind im vernetzten Gebäude erkennbar durch Abweichungen in den Daten. Wenn zum Beispiel Geräte erheblich mehr Strom verbrauchen als üblich oder ein ungewöhnlich hoher Datenverkehr stattfindet, könnten dies Anzeichen eines Hackerangriffs sein. Hier könnten dann entsprechende Warnungen erfolgen oder automatisch Gegenmaßnahmen eingeleitet werden“, erklärt Frederik Möllers. Darüber hinaus erforscht das Saarbrücker Forschungsteam die rechtlichen Rahmenbedingungen sowie die rechtliche Verantwortlichkeit für die Sicherheit vernetzter Wohnquartiere. „Das ist bedeutsam, denn schließlich dürfen keine sensiblen Daten die virtuellen Grenzen der einzelnen Haushalte verlassen“, sagt der Rechtsinformatiker.
Das Bundesforschungsministerium fördert das Projekt „Sicherheit im intelligenten vernetzten Haus (Silgentas)“ mit zweieinhalb Millionen Euro. Das Gesamtvolumen des Projektes beläuft sich auf vier Millionen Euro, rund 420.000 Euro davon fließen an die Universität des Saarlandes.
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Im Rahmen des Projektes Silgentas arbeitet das Zentrum für Recht und Digitalisierung ZRD Saar an der Universität des Saarlandes zusammen mit dem Institut für IT-Sicherheit und dem Institut für Technische Informatik an der Universität Lübeck. Beteiligte Unternehmen sind: Comgy GmbH, Giesecke+Devrient Mobile Security Germany GmbH, meravis Wohnungsbau- und Immobilien GmbH, ROCKETHOME GmbH, U-Glow GmbH sowie als assoziierte Partner Spiri.Bo GmbH und bitahoy GmbH.