Archäologie
Neuer Wanderweg: Auf den Spuren von Römern und Treverern

Im Jahr 2010 entdeckte die Archäologin Sabine Hornung nahe Hermeskeil eines der ältesten bekannten Römerlager, in dem zeitweise mehr als 20.000 Legionäre stationiert waren. Über Jahre hinweg erforschte die Professorin für Vor- und Frühgeschichte der Universität des Saarlandes das Militärlager. Sie konnte die Weltgeschichte um ein Puzzlestück zu Caesars Feldzügen im Gallischen Krieg gegen den Keltenstamm der Treverer ergänzen. Interessierte können sich jetzt mit einer neuen „Traumschleifchen“-Wanderung auf die Spuren der Römer und Treverer begeben.

Bei der Eröffnung des Rundwanderwegs gab Archäologin Sabine Hornung (rechts) der ersten Wandergruppe Einblicke in das Lagerleben der römischen Soldaten im ehemaligen Militärlager. Foto: Valérie Dengler / Touristinformation Hermeskeil

Die Römer eroberten ihr Weltreich auf luftigen und robusten Marschsandalen. Und dabei verloren sie Eisennägel aus ihren Sohlen. Diese steckten im Leder wie Stollen in heutigen Fußballschuhen, gaben Halt auf unwegsamem Gelände und fielen irgendwann heraus oder verhakten sich im Steinpflaster: so auch nahe Hermeskeil, 30 Kilometer südöstlich von Trier. „Solche Nägel sind für uns ein Indiz, um eine Fundstelle in eine bestimmte Zeit einzuordnen. Denn die Form dieser Nägel änderte sich und ist jeweils typisch für eine bestimmte Zeitspanne“, sagt Archäologin Sabine Hornung, Professorin für Vor- und Frühgeschichte an der Universität des Saarlandes. Die Nägel förderte sie seit 2010 zunächst noch mit ihrem Team der Universität Mainz bei Grabungen im Hochwald zu Tage. Hier waren zwar Reste eines Walls im Wald bekannt gewesen – was es mit diesem auf sich hatte, aber lag im Dunkeln. „Wir haben etwa 90 Eisennägel zwischen den Platten eines Steinpflasters gefunden“, sagt Sabine Hornung. Sie konnte sie einer geschichtlich überaus interessanten Ära zuordnen.

 

„Wir konnten die Fundstelle nahe Hermeskeil als Militärlager identifizieren. Die Eisennägel, die wir fanden, haben einen Durchmesser von bis zu zweieinhalb Zentimetern, ihre Nagelköpfe sind zwar meist durch Abnutzung verrundet, ursprünglich aber waren sie spitzkonisch. Anhand dieser und anderer Funde wie Handmühlen und Keramikscherben konnten wir das Lager in die Zeit des Gallischen Krieges datieren“, erklärt Sabine Hornung. Also: in die Zeit der Eroberung Galliens durch Julius Caesar, als der römische Feldherr seinen Krieg gegen aufsässige Gallier führte. Die Forscherin und ihr Team konnten die Funde in den historischen Hintergrund einordnen und rekonstruieren, was sich vor über 2000 Jahren an dieser Stelle und in der Region zugetragen hat. Dabei förderte sie neue Erkenntnisse zutage, die dazu beitragen, Caesars Gallischen Krieg besser zu verstehen. Mit ihren Forschungen konnte sie die bekannte Geschichte um neue Puzzlesteine ergänzen. Voraussichtlich noch im Jahr 2024 wird sie ihre vollständigen Forschungsergebnisse zum Militärlager der Öffentlichkeit vorstellen und in einem Buch veröffentlichen.

 

"Der treverische Widerstand gegen die römischen Eroberer wurde vermutlich zumindest auch von diesem Militärlager aus gebrochen."

Professorin Sabine Hornung

 

Ein Stück dieser neu ans Licht gebrachten Weltgeschichte können Interessierte bereits jetzt in einer „Traumschleifchen“-Wanderung des Landkreises Trier-Saarburg im Naturpark Saar-Hunsrück erleben. Sabine Hornung erarbeitete hierfür in Kooperation mit der Tourist-Information der Nationalpark-Verbandsgemeinde Hermeskeil sowie der Stadt Hermeskeil mehrere Infotafeln: An verschiedenen Stationen auf dem Rundwanderweg kann man mehr erfahren über die Forschungsergebnisse zum Militärlager – Rekonstruktionszeichnungen geben einen Eindruck, wie es ausgesehen hat. Auch über die Feldzüge, das Lagerleben der Soldaten sowie über keltische Hügelgräber im Umfeld informieren die Tafeln.

 

„Bei dem Militärlager handelt sich um ein temporäres Lager, das die Römer im Rahmen einer aktiven Militäraktion um die Mitte des ersten Jahrhunderts vor Christus errichteten“, erklärt Sabine Hornung. Aus dem Fundmaterial konnten sie und ihr Team schließen, dass das Lager außerdem in einer zweiten militärischen Kampagne nach dem Sommer 52 vor Christus besetzt war. „Das Lager wurde also in zwei Phasen genutzt, in der zweiten wurde das Lager umgebaut und verkleinert“, sagt die Archäologin.

 

Und damit passt das Militärlager bestens zu Caesars Angaben in puncto der Feldzüge gegen den Keltenstamm der Treverer: „Caesars Feldherr Titus Labienus unterwarf 53 und 51 vor Christus die Treverer mit seinen Legionen. In ‚De bello Gallico‘ berichtet Caesar von diesen römischen Vergeltungsschlägen. Wir wissen, dass zunächst drei, dann zwei Legionen plus Hilfstruppen vor Ort waren. Die Befunde aus dem Militärlager decken sich damit. – Der treverische Widerstand gegen die römischen Eroberer wurde also vermutlich zumindest auch von diesem Militärlager aus gebrochen“, stellt die Archäologin fest.

 

 

Die Größe des Lagers zeigt, dass die hier stationierten Truppen durchaus die militärische Schlagkraft vorzuweisen hatten, um aufständische Treverer zu unterwerfen: Insgesamt umfasste das Areal des Militärlagers 30,7 Hektar, das entspricht einer Größe von etwa 43 Fußballfeldern. Es war mit einem Erdwall und einem vorgelagerten Graben befestigt. Im Innern des Lagers gab es keine Gebäude, sondern Zelte – viele Zelte: „Mehr als 20.000 Soldaten waren hier in Phase eins stationiert, in Phase zwei waren es gut 13.000“, sagt Sabine Hornung. Sie kampierten dicht an dicht in Acht-Mann-Zelten, sowohl Fußtruppen als auch berittene Hilfstruppen waren vor Ort. „Jedes Zelt scheint einen eigenen Backofen gehabt zu haben. Wir fanden eine Vielzahl von Öfen, die zwischen den Mannschaftszelten gestanden hatten und in denen unter anderem Brot gebacken wurde“, erklärt sie. „Wir konnten viel über das Leben im Lager rekonstruieren, zum Beispiel auch anhand von Schlachtabfällen aus einem längeren Zeitraum nachvollziehen, wie sich die Versorgunglage änderte.“

 

Ein solch großes Lager zu versorgen, war eine Mammutaufgabe. „Hierzu mussten die Truppen auf Vorräte aus den treverischen Siedlungen zugreifen“, sagt die Professorin für Vor- und Frühgeschichte. Für die Bevölkerung vor Ort muss die Nachbarschaft zum Militärlager ein Albtraum gewesen sein. „Für die Bewohner der Region, die umliegenden größeren Siedlungen und Höfe hatte dies alles gravierende Konsequenzen“, sagt Sabine Hornung. „Die Bevölkerungsdichte vervielfachte sich durch das Lager. Die Römer kamen kurz vor der Ernte, nahmen sich, was sie brauchten. Es ist auf lange Sicht von gravierenden Folgen für die Region auszugehen, auch von Hungersnöten.“

 

Der Premiumwanderweg „dä hohle Wää“, Traumschleifchen des Landkreises Trier-Saarburg, bietet auf knapp 5,8 Kilometern viele historische und landschaftliche Highlights.
Gefördert wurde das Projekt durch den Naturpark Saar-Hunsrück aus Mitteln des Landes Rheinland-Pfalz.

 

Hintergrund:
Seit 2006 befasst sich Professorin Sabine Hornung mit Landschaftsarchäologie, leitete viele Grabungen. Die Professorin für Vor- und Frühgeschichte wechselte 2018 von der Universität Mainz an die Universität des Saarlandes. Ihr Fokus liegt auf der Archäologie Ostgalliens – also unserer Großregion. Sie erforscht, wie der Mensch seine Umwelt über die Jahrtausende geprägt hat, wie er mit Krisensituationen umging, und beschäftigt sich epochenübergreifend mit Mobilität und Migration, Kultur- und Technologietransfer. Dafür betrachtet sie ganze Landschaften und ihre Entwicklung durch die Zeit.

Text:Claudia Ehrlich
Claudia Ehrlich
29.07.2024
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