Kerstin Lenhof forschte daran, verlässlich vorauszusagen, welches Krebsmedikament im Einzelfall gut wirkt. Für ihre herausragende Doktorarbeit erhält die junge Bioinformatikerin einen der diesjährigen Eduard-Martin-Preise der Universitätsgesellschaft des Saarlandes.

Nach ihrer Doktorarbeit forschte Kerstin Lenhof an der ETH Zürich, bevor sie als Juniorprofessorin an die Universität Göttingen wechselte. Foto: Dr. Michael Schneider
Für Krebserkrankungen sind heute eine Vielzahl an Wirkstoffen auf dem Markt. Aber nicht jeder Wirkstoff wirkt bei jedem Patienten gleich gut – Krebs ist eine sehr individuelle Erkrankung. „Die Ärztinnen und Ärzte können zwar aus hochwirksamen Medikamenten auswählen. Aber es ist oftmals schwer vorherzusagen, welches im Einzelfall die besten Heilungschancen für den Patienten oder die Patientin hat“, sagt Kerstin Lenhof, die genau an diesem Punkt mit ihrer Doktorarbeit ansetzt: Wie kann man vorhersagen, welche Krebsmedikamente wirksam sind? Die Bioinformatikerin forschte in ihrer Arbeit bei Professor Hans-Peter Lenhof (ihr Doktorvater trägt zufällig den gleichen Namen) an Verfahren des maschinellen Lernens, um die Behandlung von Krebspatientinnen und -patienten zu optimieren.
Jeder Wirkstofftyp greift die Krebszellen auf unterschiedliche Weise an und wirkt, je nachdem, wie der Tumor genetisch beschaffen ist, wie er entsteht und welche Prozesse ablaufen, wenn er wächst oder streut. Diese hochkomplizierten Vorgänge in den Zellen sind bei jedem Patienten anders. „Natürlich kann man am einzelnen Patienten nicht Hunderte von Medikamenten auf ihre Wirksamkeit testen. Dafür hat man Zellkulturmodelle entwickelt, bei denen man Wirkstoffe im Labor auf Zelllinien gibt und schaut, welche im konkreten Fall am besten wirken“, erklärt die Bioinformatikerin, die inzwischen eine Juniorprofessur in Göttingen angetreten hat. Sie arbeitet daran, mithilfe von Vorhersagemodellen aus den gewonnenen Daten Rückschlüsse auf die Wirksamkeit der Medikamente zu schließen.

"Die Ärztinnen und Ärzte können zwar aus hochwirksamen Medikamenten auswählen. Aber bislang ist es oftmals schwer vorherzusagen, welches im Einzelfall die besten Heilungschancen für den Patienten oder die Patientin hat.“
Hierzu sammelte sie alle verfügbaren Daten aus Auswertungen von Zellkulturen und setzte sie in Verbindung mit weiteren Erkenntnissen rund um Krebsarten und Patienten. Sie erforschte und entwickelte maschinelle Lernverfahren, um verlässlich vorauszusagen, welches Medikament im Einzelfall wie gut wirkt. Ziel ist, Ärztinnen und Ärzten mithilfe der Modelle eine auf profunden Daten beruhende Entscheidungshilfe für die individualisierte Krebstherapie zu geben. „Die einfachen Vergleichsmodelle funktionieren hierbei jedoch aktuell noch besser als komplexe neuronale Netze. Daher ist es wichtig, zu verstehen, wie trotz suboptimaler Datenlage neuronale Netze sinnvoll trainiert werden können“, erklärt Kerstin Lenhof, die mit ihrer Doktorarbeit dazu beiträgt, dass die Suche nach dem besten Medikament für Krebspatienten in Zukunft weniger belastend und mit weniger Nebenwirkungen verbunden ist.

Die Forschung der Arbeitsgruppe von Professor Hans-Peter Lenhof konzentriert sich auf die Entwicklung neuer bioinformatischer Ansätze und Methoden zum Studium und zur Aufklärung der Mechanismen der Tumorentstehung und -entwicklung mit dem Ziel, die Diagnose, Prognose und Therapie von Tumoren zu verbessern.
Ihr Doktorvater Hans-Peter Lenhof und sie sind weder verwandt noch verschwägert – aber doch hat der gleiche Name ein Puzzleteil dazu beigetragen, dass Kerstin Lenhof in diesem Jahr den Eduard-Martin-Preis erhält: Sie saß als Schülerin des Geschwister-Scholl-Gymnasiums in Lebach im Publikum, als Professor Lenhof dort einen Vortrag über das Bioinformatik-Studium hielt. Das war ein Schlüsselmoment für alles, was noch kommen sollte. „Sein Vortrag hatte mich begeistert. Und der Name war für mich ein Trigger: Ich habe den Vortrag im Gedächtnis behalten in Kombination mit der Bioinformatik“, sagt Kerstin Lenhof, die dieses Fach dann in Saarbrücken studierte. „Ich war immer schon an Biologie interessiert, aber Laborarbeit war eher nichts für mich. Zu Beginn war ich noch skeptisch wegen der Informatik, aber es stellte sich im Studium schnell heraus, dass Bioinformatik genau richtig für mich war“, erzählt sie.
Wegen ihrer exzellenten Leistungen wurde sie schon nach dem ersten Semester in ein Förderprogramm aufgenommen: Ihr Mentor war – Professor Lenhof. Als seine studentische Mitarbeiterin wirkte sie früh an Krebsforschung mit. Die Arbeitsgruppe von Hans-Peter Lenhof entwickelt neue bioinformatische Methoden und Software für die Aufklärung der Mechanismen, Diagnose, Prognose und Therapie verschiedener Krankheiten. „Und dann war schnell klar, dass ich auf diesem Gebiet auch eine Doktorarbeit schreiben will“, sagt Kerstin Lenhof. – Dies gelang ihr mit herausragendem Erfolg, wie die aktuelle Auszeichnung nun belegt.
Für ihre Forschung erhält Kerstin Lenhof am 16. Oktober den Eduard-Martin-Preis.
Eduard-Martin-Preis
Übersicht über alle Eduard-Martin-Preisträgerinnen und Preisträger 2025
Artikel im Webmagazin Campus folgt nach der Preisverleihung
Weitere Information zur Veranstaltung am 16. Oktober
Rund 2.800 junge Menschen forschen zurzeit im Rahmen ihrer Doktorarbeit auf dem Saarbrücker und dem Homburger Campus. Ihre Themen spiegeln die Vielfalt der Forschung an der Universität des Saarlandes wider. Auch in diesem Jahr zeichnet die Universitätsgesellschaft wieder überragende Leistungen von vierzehn Forscherinnen und Forschern in ihrer Doktorarbeit aus. Bei der Preisverleihung am 16. Oktober ab 18 Uhr in der Aula auf dem Saarbrücker Campus (A3 3) geben sie Einblicke in neueste Forschungsergebnisse aus allen sechs Fakultäten der Universität des Saarlandes.
Die Preisträgerinnen und Preisträger erhalten eine Eulen-Statuette und ein Preisgeld. Stifterinnen und Stifter der Universitätsgesellschaft des Saarlandes übernehmen die Preisgelder von zwölf Eduard-Martin-Preisen. Zwei weitere Preise werden von Fakultäten gestiftet. Die Universitätsgesellschaft organisiert die Preisverleihung des Eduard-Martin-Preises in Zusammenarbeit mit dem Graduiertenprogramm der Universität des Saarlandes (GradUS).
Dr.-Eduard-Martin-Preis: Die Auszeichnung für herausragende Doktorarbeiten wird seit 1963 vergeben, seit 1976 trägt der Preis den Namen des Ehrensenators und langjährigen Präsidenten der Freunde-Vereinigung der Universität, Dr. Eduard Martin.
Die Universitätsgesellschaft des Saarlandes bringt Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie Studentinnen und Studenten mit Ehemaligen (Alumni) und Förderern in intensiven Kontakt. Sie fördert das akademische Leben im Saarland und unterstützt vor allem Studierende sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in frühen Karrierephasen.
Das Graduiertenprogramm vernetzt Promovierende der Universität des Saarlandes und bietet für ihre überfachliche Qualifizierung ein vielfältiges Weiterqualifizierungs- und Förderprogramm.