Hausmeister-Portrait
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Ein Mann für alle Fälle

An einer Uni dreht sich naturgemäß alles um Professorinnen und Professoren, wissenschaftliche Mitarbeiter und Studierende. Aber es gibt natürlich auch Heerscharen an Leuten, die im nichtakademischen Bereich tätig sind, um den Wissenschaftsbetrieb zu ermöglichen. Reinigungskräfte, Verwaltungspersonal, Hausmeister und viele andere. Einer von ihnen ist Bernd Dehmelt, der sich als Hausmeister um zwölf Gebäude auf dem Saarbrücker Campus kümmert.

© Thorsten Mohr

Bernd Dehmelt auf seiner "Schwalbe".

„Früh aufstehen ist ja gar nicht so mein Ding“, erzählt Bernd Dehmelt, um im selben Atemzug zu erwähnen, dass er um sechs Uhr morgens mit der Arbeit beginnt. Wenn man sich nun fragt: „Was um Himmels Willen versteht der Mann denn unter ‚früh aufstehen‘?“, schiebt er die Antwort gleich nach. „Das war zu Zeiten, als ich in der schwiegerelterlichen Bäckerei die Filialbetreuung übernommen habe und auch mal Brot und Brötchen morgens ausgefahren habe. Da bin ich um drei Uhr aufgestanden.“

 

Ok, Punkt für ihn. Dagegen verströmen Bernd Dehmelts Dienstzeiten als einer von acht Hausmeistern, die sich um die Gebäude auf dem Saarbrücker Uni-Campus kümmern, die geradezu paradiesisch anmutende Atmosphäre eines gemütlichen Sonntagmorgens im Bett, an dem man sich noch einmal genüsslich räkelt und dem Tag gelassen entgegenblickt.

 

Nicht ganz so übertrieben entspannt wie sonntagsmorgens, aber stets gut drauf und fernab von der Gefahr, Hektik und Stress zu verbreiten, kommt einem Bernd Dehmelt denn auch gelegentlich entgegen, insbesondere in der Nähe seines „Hauptquartiers“ im Keller von Gebäude A23. Dort hat er seine Hausmeisterwerkstatt und ein Büro. Ob Bernd Dehmelt da ist oder nicht, erkennen Eingeweihte, zumindest im Sommer, an der liebevoll restaurierten schneeweißen „Simson Schwalbe“, auf der das Logo der Elektro-Rocker von „Rammstein“ prangt. Parkt das DDR-Kult-Moped, quasi die zweirädrige Version des Trabis, vor dem Seiteneingang, weiß man: Bernd ist da. Und damit ist auch klar: Hilfe auch, wenn es irgendwo flackert, knarzt und hakt.

 

Insgesamt ist er für zwölf Gebäude, überwiegend aus dem Bereich „A“, sowie für vier weitere Gebäude im Vetretungsfall  zuständig. „Viele Aufträge kommen über die Störmeldezentrale an uns heran“, erklärt er. Vieles geht aber auch über den berühmten „kleinen Dienstweg“: Die Leute treffen Bernd Dehmelt auf dem Campus oder rufen an und schildern ihm, wo etwas kaputt ist. „Vieles kann ich dann schon am Telefon regeln“, sagt er. Denn er kennt die Gebäude aus dem Effeff. Wenn das nicht hilft, legt der gelernte Maurer und Instandhaltungsmechaniker, wie er sich seit einer Umschulung vor seiner Uni-Zeit nennen darf, auch selbst Hand an, sofern es sich um kleinere Reparaturen handelt. „Dann schnapp ich mir den Schraubenzieher und mach es gleich. Andere Sachen, zum Beispiel Elektrik, machen meine Kollegen und ich hingegen nicht. Nicht, weil wir das nicht könnten. Aber wenn da was schiefgeht, bin ich schuld“, erläutert Bernd Dehmelt die Hintergründe. Daher betreut und vermittelt er neben seinen eigenen kleineren Arbeiten auch viele Fremdfirmen, die auf dem Campus unterwegs sind. Wer sich beispielsweise schon gefragt hat, wie der Trupp Handwerker in „sein“ Gebäude gekommen ist: Bernd Dehmelt und seine Kollegen sind buchstäblich der Schlüssel dazu. Und wer sich im Winter wundert, warum er so gänzlich schlitter- und sturzfrei ins Gebäude kommt: Bernd Dehmelt und seine Kollegen räumen auch Schnee und Eis an den Zuwegen und den Haupteingängen der Gebäude.

 

© Thorsten Mohr

Ich komme gut mit den meisten hin. Das Wichtigste ist das Persönliche.

Bernd Dehmelt

 

Es macht ihm sichtlich Spaß, dass er so viel herumkommt an der Uni und so viele Leute kennenlernt. „Ich komme gut mit den meisten hin. Das Wichtigste ist das Persönliche“, sagt er dann auch. Den Spaß hat der 55-Jährige an der Uni des Saarlandes nun seit zehn Jahren. 2012 hat er sich initiativ beworben und wurde prompt genommen. „Die Uni hat damals dringend einen Hausmeister gesucht, und ich hatte ja gute Referenzen.“ Zuvor war er, wie bereits erwähnt, im schwiegerelterlichen Bäckereibetrieb. Davor machte der gelernte Maurer aus Sachsen-Anhalt, der bereits seit 1990 im Saarland lebt und eine kurze Zeit lang staatenlos war, als er kurz vor dem Fall der Mauer die DDR verließ, unter anderem bei einem saarländischen Textilunternehmen Station. Dort arbeitete er viel mit Elektrikern, Zimmerleuten und anderen Handwerkern zusammen und hat sich viel abgeschaut von seinen Kollegen. „Damals habe ich eine Art inoffizieller Grundausbildung in vielen Handwerksbereichen bekommen“, schaut er auf diese Zeit zurück. Als er schließlich als erster im Betrieb anderthalb Jahre Erziehungsurlaub für den 1995 geborenen ersten Sohn genommen hatte, gab’s Stunk mit der Betriebsleitung. „Das fanden die gar nicht witzig.“ Nach seiner Rückkehr wurde er in die Qualitätskontrolle gesteckt. „Das kannste ja gar nicht, Mist!“, schoss ihm damals durch den Kopf. Nähte kontrollieren, Fehler im Stoff entdecken, all das war ja gar nicht sein Ding. „Ich hab das dann ein Jahr gemacht und bin dann in ein Altenheim auf eine Hausmeisterstelle gekommen. So bin ich in die Hausmeisterecke reingerutscht.“

 

Und in dieser Ecke gefällt es ihm augenscheinlich bis heute sehr gut, insbesondere an der Uni. Er könnte übrigens viele Geschichten erzählen von kuriosen Begebenheiten, die er als Hausmeister erlebt. „Manchmal bin ich schon erstaunt, womit manche Leute Probleme haben“, deutet er an. Aber er verrät nichts, um niemanden in eine unangenehme Situation zu bringen. Es ist ein weiterer Beleg dafür, dass ihm das Zwischenmenschliche, der persönliche Kontakt besonders wichtig ist. Der Hausmeister genießt und schweigt!

01.09.2022
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