Um die Vermittlung von Medienkompetenzen stärker ins Lehramtsstudium einzubeziehen, bietet die Saar-Uni seit diesem Wintersemester eine freiwillige studienbegleitende Zusatzqualifikation an: Das Zertifikat „MoDiSaar“ ermöglicht es angehenden Lehrerinnen und Lehrern, digitalisierungsbezogene Fähigkeiten zu entwickeln, die für einen modernen Schulunterricht wichtig sind.
Carla Jänicke, Phoebe Reade, Mara Klee und Jenny Klee (v.l.) wollen das neue MoDiSaar-Zertifikat erwerben.
„Die digitalen Medien werden Einzug in den Schulunterricht halten“, steht für Phoebe Reade fest. „Darauf will ich vorbereitet sein.“ Die Saarbrücker Lehramtsstudentin studiert Englisch und Spanisch, doch heute Vormittag besucht sie keine Sprach-Lehrveranstaltung, sondern nimmt am Kurs „Ethik der Digitalisierung“ teil, den der Philosophie-Dozent Stephan Schweitzer leitet. Die Veranstaltung gehört zum Basisbereich des Zertifikats „MoDiSaar.“ Neben einer Einführung in philosophische und ethische Grundlagen geht es im Kurs um die ethische Reflexion von verschiedenen Phänomenen der Digitalisierung. „Wir schauen uns beispielsweise an, welche Chancen die digitalen Medien bieten und welche Gefahren von ihnen ausgehen“, erklärt der Dozent. Studierende sollten dafür sensibilisiert werden, wie sich digitale Medien beispielsweise auf die politische Meinungsbildung oder die Entscheidungsfindung auswirken könnten. Neben den sozialen Medien würden auch sogenannte benutzerbeeinflussende Technologien behandelt – etwa die zunehmend verbreitete „Gamifikation“, also die Einführung von Spieldesignelementen in den Alltag.
Phoebe Reade, die später an einem Gymnasium oder an einer Gemeinschaftsschule unterrichten möchte, ist auch auf die anwendungsbezogenen Inhalte im Lehrprogramm gespannt. „Ich will einen guten Überblick darüber bekommen, welche digitalen Medien es gibt und wie sie im Schulunterricht anwendbar sind, und hoffe, eine solide informatische Grundbildung zu bekommen.“ Wie sie wollen auch die anderen Kursteilnehmer durch die Lehrangebote des Zertifikats besser für ihren späteren Lehrerberuf gerüstet sein.
„Das Zertifikat vermittelt digitale Kompetenzen, die angehende Lehrkräfte für einen zeitgemäßen Unterricht dringend brauchen“, bekräftigt Projektsprecher Markus Peschel. Der Professor für Didaktik des Sachunterrichts hat das neue Angebot für Saarbrücker Lehramtsstudierende mit aus der Taufe gehoben. „Im Zentrum steht das Lernen mit und über Medien. Damit wollen wir ein Bewusstsein schaffen für das Funktionieren der digitalen Welt“, erläutert Peschel und nennt ein Beispiel: „Lehrerinnen und Lehrer müssen wissen, wie Meldungen generiert werden, und auch, wie die Mechanismen funktionieren, mit denen Daten verändert werden können – Stichworte ‚Fake-News‘ und ‚Filterblasen‘.“
Im Zentrum steht das Lernen mit und über Medien.
Digitale Lehrangebote gehörten auch bisher zum Lehramtsstudium, sie sind jedoch häufig nicht verpflichtend. Das neu geschaffene Zertifikat bündelt nun zum ersten Mal die Angebote der Fakultäten und macht sie so besser sichtbar; zudem gibt es auch neue Lehrangebote. Das Thema Digitalisierung wird sowohl aus Sicht der Informatik und der Bildungstechnologie beleuchtet als auch aus philosophischer Perspektive, zusätzlich schafft es einen Bezug zur didaktischen Anwendung: „Vermittelt werden ein grundlegendes informatisches Verständnis sowie die Fähigkeit zur kritischen Reflexion über die Auswirkungen der Digitalisierung. Darüber hinaus lernen die Studierenden digitale Werkzeuge und deren Nutzbarkeit im Schulunterricht kennen“, erläutert Didaktik-Professor Peschel.
Das Zertifikat umfasst 24 Leistungspunkte und gliedert sich in einen Basis- und einen Anwendungsbereich. Lehramtsstudierende können das Zertifikat sowohl studienbegleitend als auch in einem zusätzlichen Studiensemester absolvieren. Pro Semester stehen derzeit 15 Plätze zur Verfügung. Die Lehrveranstaltungen sollen zunächst mindestens drei Jahre lang angeboten werden; insgesamt können so rund hundert Studierende das Zertifikat erwerben. Doch Markus Peschel hofft, dass das Projekt im Anschluss an die erste Laufzeit fortgeführt wird: „Es sollte verdauert und möglichst auch verpflichtend in die Lehrerausbildung integriert werden.“ Die Universität des Saarlandes sei eine der wenigen Hochschulen, die mit einem solchen Angebot zu digitalisierungsbezogenen Kompetenzen eine wichtige Lücke im Lehramtsstudium schließen könne.
Weitere Infos
Das Zertifikat „MoDiSaar“
Das Zertifikat „MoDiSaar“
„MoDiSaar“ steht für „Modularisierter Lehr-Lern-Baukasten zum Aufbau digitalisierungsbezogener Kompetenzen im saarländischen Lehramtsstudium“. Das Projekt ist am 1. März 2020 an der Universität des Saarlandes gestartet, die ersten Lehrveranstaltungen zum Zertifikat gab es im Wintersemester 2021/22. Das Projekt hat eine Laufzeit von drei Jahren und wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen der „Qualitätsoffensive Lehrerbildung“ mit rund 900.000 Euro und von der Saarländischen Staatskanzlei mit rund 400.000 Euro gefördert. Beteiligt sind Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Universität des Saarlandes aus der Informatik, der Bildungstechnologie, der Philosophie, den Fachdidaktiken sowie den Bildungswissenschaften.