Digitalisierung in der Lehre
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Wenn Plüschwürfel durch die Hörsäle fliegen

In den vergangenen drei Jahren wurde der Lehrbetrieb an den Hochschulen zwangsläufig „turbodigitalisiert“, so auch an der Universität des Saarlandes. Dennoch gibt es viel Verbesserungspotenzial, insbesondere bei hybriden Lehrformaten. Was man noch verbessern könnte, untersuchen nun die BWL-Juniorprofessoren Stefan Morana und Eric Grosse in einer Art Feldversuch.

© Thorsten Mohr

Die BWL-Juniorprofessoren Eric Grosse und Stefan Morana (zugeschaltet auf dem Bildschirm) testen mit Studentin Saskia Wita das plüschige Wurfmikrofon, mit dem hybride Lehrveranstaltungen in Zukunft technisch aufgewertet werden sollen.

In den vergangenen knapp drei Jahren hat die digitale Lehre einen – erzwungenen – Quantensprung nach vorne gemacht. Was im Winter 2019/20 noch annähernd wie Science Fiction klang, ist im Winter 2022/23 aus dem Studienalltag nicht mehr wegzudenken. Vorlesungen über Microsoft Teams, Zoom, Slack, Webex und wie sie alle heißen, Online-Klausuren und so weiter: All das gehört zur studentischen Normalität.

„Aber trotzdem sind wir weit weg davon zu sagen, dass alles gut ist“, stellt Stefan Morana fest. Der Juniorprofessor für Digitale Transformation und Wirtschaftsinformatik ist schon qua Beruf sehr daran interessiert, neue, bessere Wege für eine digitale Lehre zu finden, da dies zu seinen ureigensten Forschungsinteressen zählt. Aber auch aus Sicht eines Hochschullehrers ganz allgemein kann es nur sinnvoll sein, digitale und hybride Lehre zu optimieren.

Also suchen Stefan Morana und sein Kollege Eric Grosse, Juniorprofessor für Digitale Transformation im Operations Management, im Rahmen des universitätsweiten Digitalisierungsprojektes „Data-Pin“ („Digital Teaching Plug-in“) nach ebendiesen neuen Wegen. Im Fokus ihres Teilprojektes steht die Frage, wie man insbesondere die hybride Lehre verbessern kann, also Lehrveranstaltungen, in denen ein Teil der Studierenden online teilnimmt und ein anderer Teil im Hörsaal vor Ort ist. Stefan Morana skizziert, woran es hier insbesondere hapert: „Es gibt inzwischen zwar viele Hörsäle, die mit Monitoren, Kameras und Mikrofonen ausgestattet sind, so dass die Veranstaltung aus vielen Perspektiven gut zu übertragen ist. Aber dennoch hatten wir häufig Tonprobleme. Und insbesondere bei interaktiven Formaten, in denen die Studierenden, online wie vor Ort, zusammenarbeiten sollten, gibt es Schwierigkeiten. Da ist bei vielen oft die Motivation nach einer gewissen Zeit weg“, berichtet der Wissenschaftler aus seiner Erfahrung.

Also hat Stefan Morana kurzerhand so genannte Wurfmikrofone gekauft. Das sind plüschige Würfel, die man durch den Hörsaal werfen kann, ohne Angst zu haben, dass jemand verletzt wird oder die Mikros kaputt gehen. So ist immer für den optimalen Ton gesorgt, auch, wenn ein Student oder eine Studentin mitten im Hörsaal eine Wortmeldung hat und weit weg vom nächsten fest installierten Mikro sitzt. Sein Kollege Eric Grosse kennt ein anderes Problem: „Wir möchten vermeiden, dass durch das Angebot der hybriden Lehre das grundsätzliche Interesse an der Vor-Ort-Teilnahme sinkt“, sagt der Juniorprofessor. Sollten die meisten Studierenden zuhause vor dem Rechner sitzen, dämpft das die Motivation, sowohl aufseiten der Studierenden wie bei ihm als Professor, der im Extremfall dann allein im Hörsaal steht.

Bis Juli 2024 möchten die beiden Wirtschaftswissenschaftler also herausfinden, wie solche ganz handfesten technischen und didaktischen Probleme gelöst werden können, damit alle etwas davon haben. Die Studierenden, indem sie hybride Veranstaltungen besuchen können, die ihnen Spaß machen und die sie zum Mitmachen motivieren, die Dozentinnen und Dozenten, indem sie Veranstaltungen gestalten können, in denen sie nicht vor leeren Hörsälen oder unmotivierten Online-Teilnehmerinnen und -teilnehmern sprechen.

„Klar, wenn alle im Hörsaal sind, macht es deutlich mehr Spaß, als wenn ein Teil vorm Rechner sitzt“, gibt Stefan Morana zu. „Aber angesichts der heutigen Umstände ist das nicht mehr zeitgemäß“, so sein Gedanke. Die Corona-Pandemie lauert ständig im Hinterkopf, hinzu kommt aktuell das Thema Energiesparen. „Aber auch abseits von Corona und Energie wird es immer Gründe geben, warum ich nicht zur Vorlesung vor Ort gehen kann: Mal habe ich vielleicht Kinder oder Angehörige, um die ich mich intensiv kümmern muss, mal kann der Hörsaal aufgrund einer Behinderung nur schwer zu erreichen sein, um nur einige Beispiele zu nennen. In solchen Fällen ist es gut, wenn wir ein dauerhaftes, gut erprobtes hybrides Lehrformat haben, das die Leute motiviert“, sagt Stefan Morana.

Die kommenden beiden Jahre werden also interessant werden, weil es auch für die beiden als junge Wissenschaftler oft Neuland ist, das sie betreten. „Bei manchen Dingen, die wir schon ausprobiert haben, war es auch für mich wie ein kleiner Kulturschock“, erzählt Stefan Morana, der natürlich auch noch „nach alter Väter Sitte“ studiert hat: vorne redet einer und 200 im Hörsaal hören zu und schreiben mit. „DaTa-Pin wird uns hier mit strukturierter Evaluation und konkreter technischer Unterstützung helfen, die richtigen Wege nach guten, neuen Formaten zu finden“, ist er sich sicher.

Vorerst bleibt das Projekt auf die betriebswirtschaftlichen Veranstaltungen begrenzt. „Aber ich bin sicher, dass die Ergebnisse in zwei Jahren zumindest in Teilen auch für viele andere Fächer von Nutzen sein können“, so Stefan Morana. Bis dahin werden sicher noch viele Plüschwürfel zum Wohle der Wissenschaft durch die Hörsäle fliegen.

02.01.2023
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Über Data-Pin

Der Text beschreibt ein Teilprojekt des Gesamtprojektes "Data-Pin" an der Universität des Saarlandes, das von der Stiftung Innovation in der Hochschullehre gefördert wird. Im Zentrum von Data-Pin steht die systematische Evaluation der bestehenden digitalen Lehr-, Lern- und Prüfungsangebote, die Optimierung dieser Angebote sowie deren Weiterentwicklung zu übertragbaren Best-Practice Konzepten.

Mehr Infos zu Data-Pin gibt es auf dieser Webseite.