Medieninformatik
Kranken Kindern virtuell Händchen halten

Ein technisch aufgepepptes Kuscheltier und einen Hightech-Handschuh haben zwei Studentinnen der Medieninformatik an der Universität des Saarlandes entwickelt. Mit ihrer Forschung wollen Anna Calmbach und Sophie Kunz schwer kranken Kindern die Möglichkeit bieten, auf die Ferne mit ihren Eltern verbunden zu sein. Ihre Ergebnisse stellten sie auf der internationalen Konferenz „Interaction Design and Children“ an der Universität Delft vor.

Sophie Kunz (links) und Anna Calmbach nutzen ein Stofftier für den Kontakt mit kranken Kindern, die von ihren Eltern getrennt auf einer Isolierstation liegen.

 

Um ein technisch aufgepepptes Kuscheltier und einen Handschuh geht es in diesem Text. Und um zwei Studentinnen der Medieninformatik an der Universität des Saarlandes, Anna Calmbach (23) und Sophie Kunz (23). Mit ihrer Forschung wollen sie es schwer kranken Kindern ermöglichen, auf die Ferne mit ihren Eltern verbunden zu sein. Die Idee entstand, als sie auf der Suche nach Themen für ihre Bachelorarbeiten waren.

 

„Unsere damalige Betreuerin Alice Haynes war im Projekt ‚Multi-Immerse‘ des Universitätsklinikums des Saarlandes involviert“, sagt Anna Calmbach. Das fächerübergreifende Projekt befasst sich damit, wie Angehörige ihre schwer erkrankten Kinder und Jugendlichen im Uniklinikum virtuell besuchen können. Ziel dabei ist eine möglichst realitätsnahe Abbildung eines Besuchs am Krankenbett. Unter Anleitung ihrer Betreuerin konzipierten die beiden Studentinnen daraufhin zum einen ein Kuscheltier, über das Kinder Kontakt mit ihren Eltern aufnehmen können und zum anderen einen Handschuh, der das Kuscheltier steuern kann. „In der Ausführung hatten wir sehr viele Freiheiten und konnten mitentscheiden, wie die Forschungsfrage angegangen werden soll. Zuerst haben wir uns damit beschäftigt, welche Bedürfnisse ein neues Gerät bei Eltern und Kindern erfüllen müsste“, sagt Sophie Kunz.

 

Die beiden Studentinnen haben erarbeitet, dass Kinder vor allem etwas zum Anfassen brauchen, da selbst Videoanrufe noch sehr abstrakt für sie sind. Für Eltern hingegen ist ein mobiles Gerät am besten geeignet, damit sie etwa auch von unterwegs mit ihren Kindern kommunizieren können. „Das Kuscheltier bietet den Kindern einen physischen Kontaktpunkt mit den Eltern, während der Handschuh für die Erwachsenen ein tragbarer Kontaktpunkt mit ihren Kindern ist“, erklären die Studentinnen. Die beiden Geräte haben drei miteinander verknüpfte Funktionen: Wenn die Eltern mit eingeschaltetem Handschuh winken, winkt auch das Kuscheltier. Wenn das Kind dem Kuscheltier die Hand gibt oder die Eltern eine Geste mit dem Handschuh ausführen, wird ein Händchenhalten simuliert.

 

Dies wird unter anderem mit Wärme und Vibration an beiden Geräten erzielt. Zudem können Kinder ihren Eltern mitteilen, wie sie sich gerade fühlen. „Dazu haben wir auf beiden Geräten eine ‚Gefühlsskala‘ eingebaut, die entsprechend dem Gefühlszustand des Kindes grün, gelb oder blau leuchtet“, sagt Anna Calmbach. Beide Prototypen wurden nicht nur weitgehend von den Studentinnen erdacht, sondern auch selbst gebaut, genäht, verkabelt und programmiert. Die nötigen Kenntnisse dazu haben sie während ihres Studiums erworben. In einer anschließenden Nutzerstudie mit Eltern und Kindern zwischen drei und elf Jahren haben sie überprüft, wie ihre Entwicklungen bei der Zielgruppe ankommen. „Die Arbeiten wurden gut aufgenommen. Es war schön, das Lächeln der Kinder zu sehen“, sagt Sophie Kunz.

 

Hintergrund:

Im Rahmen des interdisziplinären EFRE-Projektes „Multi-Immerse“, das Professorin Martina Lehser (Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes htw saar/ZeMA) leitet, arbeiten am Center for Digital Neurotechnologies Saar (CDNS) auf dem Medizin-Campus Homburg die Universität des Saarlandes, die htw saar und das Zentrum für Mechatronik und Automatisierungstechnik (ZeMA) zusammen. Professorin Martina Lehser (htw saar) und die Professoren Stefan Seelecke und Paul Motzki (Universität des Saarlandes und ZeMA) sind beteiligt, ebenso von der Medizinischen Fakultät der Universität des Saarlandes Professor Daniel Strauss (Direktor der Systems Neuroscience & Neurotechnology Unit), Professor Michael Zemlin (Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin am Universitätsklinikum des Saarlandes), Professorin Eva Möhler (Direktorin der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie am Universitätsklinikum des Saarlandes) sowie außerdem Informatiker der Universität des Saarlandes (Professor Jürgen Steimle) und des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (DFKI).

 

Human-Computer-Interaction Lab: https://hci.cs.uni-saarland.de/

Text:Philipp Zapf-Schramm
06/20/2024 - 11:33
Philipp Zapf-Schramm
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