Titelfoto: Anja Neufing

Das erfolgreiche Vis-Team: María Cristina Rosales del Prado, Hendrik Mayer, Corina Vodă, Caio Prado Rocha, Geetanjali Sharma.

Recht

Studenten der Saar-Uni erfolgreich bei der Jura-WM

Bei der Weltmeisterschaft der juristischen Fakultäten in Wien räumte das Team der Saar-Uni mehrere Auszeichnungen ab und belegte mit Rang 12 von 342 Teams einen absoluten Spitzenplatz. Der „Vis Moot“, ein simulierter Schiedsprozess, bei dem die Studenten in die Rolle von Anwälten schlüpfen, verlangte den Teilnehmern einiges ab. Ein Aufwand, der sich lohnt.
Von Claudia Ehrlich • 08.06.2017

Es ist ein magischer Moment, wenn bei der feierlichen Eröffnung im altehrwürdigen Wiener Konzerthaus 2.000 Studenten, 600 Trainer und 1.000 Schiedsrichter zusammenkommen. „Das ist für mich immer wieder bewegend: Wenn ich in diesem Saal sitze und auf all diese hochintelligenten jungen Menschen aus aller Welt schaue. Alle haben sich in den vergangenen sechs Monaten intensiv auf diesen Moment vorbereitet. Und mit ihnen messen wir uns“, erinnert sich Helmut Rüßmann. Der emeritierte Jura-Professor betreut seit zwölf Jahren die Studenten-Teams der Saar-Uni beim Jura-Turnier „Willem C. Vis Moot“, bereitet sie vor, spornt sie an zu Höchstleistungen. „Nur Top-Studenten schaffen das. Die Teilnahme verlangt hundertprozentige Konzentration auf den Wettbewerb“, sagt er. Und das ist nicht übertrieben. Über ein halbes Jahr geht die tiefschürfende Arbeit.

Portrait Rüßmann: Iris Maurer

Wenn Sie an einem solchen Moot teilgenommen haben, versetzt Sie eine mündliche Prüfung nicht mehr in Stress.

Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Helmut Rüßmann

Ab dem Zeitpunkt, wenn im Oktober der Fall, den es zu verhandeln gilt, veröffentlicht wird, verbeißen sich hunderte Teams in aller Welt in „The Problem“. Diesmal ging es um den Kaufpreis für Flugzeug-Rotoren: Die Vertragsparteien gerieten sich bei nicht eindeutigen vertraglichen Regelungen über Landesgrenzen hinweg mächtig in die Haare. Was sich einfach anhört, wuchs sich zu einer harten Nuss aus. „Es handelte sich um Spezialmaterien aus dem internationalen Kauf- und Schiedsverfahrensrecht. Bis Januar bereiteten wir englische Schriftsätze aus Kläger- wie Beklagtensicht vor. Wir haben intensiv recherchiert, um stichhaltige Argumente auszuarbeiten“, sagt Jura-Student Hendrik Mayer. „Wir teilten die Probleme des Falls unter uns auf, so dass jeder sein Spezialgebiet hatte“, erklärt er.

Portrait Mayer: Ehrlich

Es war beeindruckend, in Wien Studenten aus aller Welt zu treffen, die über die gleiche Sache ebenso intensiv nachdenken.

Hendrik Mayer

Jede Woche trafen sie sich mit Professor Rüßmann und den Trainern Ben Köhler, Anja Neufing und Anna Marie Faymonville und diskutierten über Stunden. „Und das auf außerordentlich hohem Niveau“, attestiert Professor Rüßmann, der im realen Leben Richter am Saarländischen Oberlandesgericht war und selbst als Schiedsrichter in echten nationalen wie internationalen Schiedsgerichten tätig ist. Auch in Wien tritt er – ebenso wie die drei weiteren Saarbrücker Coaches – als Schiedsrichter für andere Teams auf.

„Einen Fall so zu durchdringen und im Team so tiefgehend zu erörtern, war interessant, eine neue Erfahrung“, sagt Hendrik Mayer. Ab Februar galt es, die Plädoyers auszufeilen, denn in Wien treten die Teams vor höchst anspruchsvollen Schiedsrichtern auf. Bis dahin musste alles sitzen. Um zu üben, reisten die Studenten zu Probe-Prozessen an Unis und zu Anwaltskanzleien in Zürich, Stuttgart, Mostar, Frankfurt, Hannover, Düsseldorf und Belgrad. „Kurz vor den Fristabläufen haben wir uns bei unseren Treffen an der Uni spätabends Pizza kommen lassen“, erzählt Rüßmann.

Im April war es soweit: „Es war beeindruckend, in Wien Studenten aus aller Welt zu treffen, die über die gleiche Sache ebenso intensiv nachdenken“, sagt Hendrik Mayer, der als studentischer Mitarbeiter auch am Lehrstuhl von Professor Roland Michael Beckmann arbeitet. „Dass sie alle trotz der verschiedenen Rechtstraditionen zu vergleichbaren Argumenten fanden, war spannend“, erklärt Corina Vodă, Master-Studentin am Europa-Institut. Die Plädoyers in der Vorrunde gegen Teams aus Indien, den USA und Litauen liefen gut: Vor Schiedsrichtern aus Wissenschaft und Praxis vertraten die Jung-Anwälte ihre Standpunkte, beantworteten knifflige Fragen. „Wenn Sie an einem solchen Moot teilgenommen haben, versetzt Sie eine mündliche Prüfung nicht mehr in Stress“, merkt Rüßmann an.

Foto Voda: Anja Neufing

Es ist überwältigend, wenn nach einem Plädoyer ein Schiedsrichter sagt: ´Sie werden eine exzellente Anwältin sein, ich fand Sie sehr überzeugend´.

Corina Vodă

„Die Schiedsrichter haben alles getan, um die Verhandlungen realistisch zu machen“, sagt Corina Vodă. Das Team zog in die Runde der besten 64 von 342 Teams aus 76 Ländern ein. Gegen Paris schieden sie ehrenvoll in der K.-o.-Runde aus. Aber sie erreichten mit Rang 12 einen absoluten Spitzenplatz und erhielten beim Abschlussbankett mehrere Auszeichnungen: für ihren exzellenten Beklagtenschriftsatz, und Corina Vodă und Geetanjali Sharma für herausragende Sprecher-Leistungen. „Es ist überwältigend, wenn nach einem Plädoyer ein Schiedsrichter sagt: ´Sie werden eine exzellente Anwältin sein, ich fand Sie sehr überzeugend´“, erzählt Vodă. Der Moot habe ihr viel gebracht: „Ich glaube, die Fähigkeiten, die ich erworben habe, werden mir künftig sehr helfen“, sagt sie.

„Ich habe viel dazu gelernt: im Team zu arbeiten, mit meinen Emotionen klar zu kommen, präzise und überzeugend zu argumentieren, die Zeit effektiv einzuteilen“, zählt sie auf. „Und wir haben ein Netzwerk geknüpft zu Studenten und Praktikern aus aller Welt“, ergänzt Hendrik Mayer. „Der Einsatz hat sich gelohnt.“ Auch für Coach Helmut Rüßmann: „Das Suchtpotenzial ist groß, wenn man in Wien einmal mitgemacht hat, kann man nicht so leicht davon ablassen. Ich treffe jedes Jahr viele Kollegen, die immer wieder als Schiedsrichter dabei sind. Der Vis Moot und die intensiven Diskussionen mit den Studenten halten mich jung“, sagt er. Der Termin für den nächsten magischen Moment mit einem neuen Vis Moot-Team im Wiener Konzerthaus steht also schon fest.

Förderer des Vis-Moot-Teams der Saar-Uni

Die Teilnahme und die Reisen wurden durch Spenden von juris, der Stiftung ME Saar sowie eine Zuwendung der Universitätsgesellschaft aus dem Nachlass von Wilhelm Pelletier ermöglicht. Auch die SHS - Stahl-Holding-Saar GmbH & Co. KGaA förderte das Vis Moot-Team der Saar-Uni. „Die Studenten haben beim Vis Moot die einzigartige Gelegenheit, auf internationalem Parkett zu plädieren. Sie lernen, aus dem Stegreif stichhaltig zu argumentieren und Fragen ad hoc zu parieren. Und sie knüpfen dabei Kontakte zu Studenten aus aller Welt. Das sind prägende Erfahrungen. Und diese wollen wir fördern“, sagt Professor Roland Michael Beckmann, Dekan der Rechtswissenschaftlichen Fakultät. Sein Lehrstuhl wie auch die der Professoren Annemarie Matusche-Beckmann und Georg Borges unterstützen das Vis-Moot-Team. Ebenso das Europa-Institut, wo vier der fünf Team-Mitglieder ihren Master im Europäischen und Internationalen Recht absolvieren. Der Dozent am Europa-Institut, Professor Stefan Weber, Anwalt in Wien, unterstützte das Team tatkräftig vor Ort. Auch der Internationalisierungsfonds der Universität fördert die Teilnahme.

Der Willem C. Vis International Commercial Arbitration Moot findet jährlich statt. Schiedsrichter des Wettbewerbs sind Richter, Anwälte und Professoren aus der ganzen Welt.

Das staatliche Prüfungsamt der Saar-Uni erkennt die Vis Moot-Teilnahme als Auslandssemester an: Der Freischuss fürs erste Staatsexamen verschiebt sich damit nach hinten.

http://ruessmann.jura.uni-sb.de/vis-moot/

https://vismoot.pace.edu/

Das Team der Saar-Uni errang

Platz 12

von insgesamt 342 Teams mit über 2.000 Studenten aus 76 Ländern

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    Titelfoto: Anja Neufing

    Portrait Rüßmann: Iris Maurer

    Portrait Mayer: Ehrlich

    Foto Voda: Anja Neufing