Titelfoto: Oliver Dietze

In den vergangenen Semestern blieben die Hörsäle oft leer - auch für Jura-Studierende eine belastende Situation.

Rechtswissenschaft

Extraportion Jura in der Pandemie

Studieren in Corona-Zeiten ist eine riesige Herausforderung. Um Studentinnen und Studenten in dieser Sondersituation zu unterstützen, gibt es an der Uni eine Reihe von Angeboten. Auch in der Rechtswissenschaft war im Wintersemester die Resonanz auf Zusatzvorlesung und Workshops abseits des üblichen Stundenplans groß.
Von Claudia Ehrlich • 09.02.2022

Über lange Strecken hinweg haben die Studierenden in den vergangenen zwei Jahren die Uni nicht von innen gesehen. Viele fühlen sich belastet durch die fehlenden sozialen Kontakte und das isolierte Lernen am PC. Vor allem für Studienanfängerinnen und -anfänger sind es entbehrungsreiche Zeiten. „Das ist schwer für uns alle. Man sitzt von morgens bis abends vor dem Bildschirm, trifft niemanden. Viele haben sogar schon Probleme mit den Augen“, sagt Jura-Studentin Julia Wolff. Sie ist aktuell im dritten Semester – ist also eine derjenigen, die ein wirklich normales Studium noch nicht erlebt haben.

Foto: Uwe Dettmar

Das Studieren war in den vergangenen Semestern ganz anders. Die Interaktion und die Kommunikation waren nicht einfach. Wir wollten den Studierenden wegen der außergewöhnlichen Belastungen Extras bieten, um den Nachholbedarf auszugleichen.

Juniorprofessor Dominik Brodowski

Zwar machte die Uni für die Ersties schon im Wintersemester 2020/21 Veranstaltungen vor Ort möglich, wo es ging. Und im Jahr darauf blitzte kurz das wahre Campus-Leben auf, als von Oktober bis Dezember „mehr“ möglich war. Aber die meiste Zeit blieb die Lehre virtuell oder hybrid: Sie wurde aus dem Nichts heraus in Rekordzeit ins Laufen gebracht, funktionierte in den Corona-Semestern uniweit sehr gut, die virtuellen Angebote kamen gut an. Aber einen gleichwertigen Ersatz für das Selbsterleben vor Ort können sie nicht bieten. Gerade auch in Jura. „Es fehlt der unmittelbare Austausch mit Dozentinnen und Dozenten in den Vorlesungen und Seminaren“, sagt Julia Wolff.

Beim Studieren vorm heimischen Rechner kommt manches zu kurz. Das Fachsimpeln mit den anderen Studierenden und auch das ganze Drumherum, wie die spontanen Treffen vor der Bibliothek oder in Cafés – all das fehlt einfach. Motivation und Disziplin beim Lernen auf hohem Level zu halten, fällt schwer. „Gerade beim Stoff aus dem ersten und zweiten Semester haben jetzt viele Nachholbedarf“, sagt die Studentin. An der Saar-Universität gibt es Zusatzangebote, die unterstützen sollen. Die Rechtswissenschaft hat ihr Angebot erweitert: „Das Studieren war in den vergangenen Semestern ganz anders. Die Interaktion und die Kommunikation waren nicht einfach. Wir wollten den Studierenden daher wegen der außergewöhnlichen Belastungen Extras bieten, um den Nachholbedarf auszugleichen“, erklärt Juniorprofessor Dominik Brodowski.

Herausgekommen sind Zusatzangebote, die im Wintersemester neben den regulären Lehrveranstaltungen liefen. „Hier wiederholten und vertieften wir grundlegende Themen, die zum Lehrstoff der ersten Semester gehören. Das Präsidium der Universität förderte die Zusatzveranstaltungen“, sagt Brodowski. Er selbst bot eine Ergänzungsvorlesung im Strafrecht an. „Sie war für die Studierenden im dritten und fünften Semester gedacht und war ursprünglich ganz auf Präsenz angelegt. Als die Inzidenzen erneut stiegen, lief sie hybrid“, erklärt Brodowski.

Foto: Privat

Wir haben Ergänzungskolloquien im Strafrecht angeboten, die alle zwei Wochen stattfanden. Die Resonanz war so groß, dass wir vier Gruppen à 60 Teilnehmerinnen und Teilnehmer hatten.

Christina Ost, Wissenschaftliche Mitarbeiterin

Die Nachfrage war von Beginn an hoch: Über 200 Studierende meldeten sich für den Kurs an; etliche kamen dienstags am späten Nachmittag vor Ort in die Vorlesung, ein anderer Teil verfolgte die zweistündigen Veranstaltungen von zuhause aus und griff auf die digitalen Zusatzmaterialen zu. Brodowski vermittelte und vertiefte, was normalerweise in den ersten beiden Semestern im Strafrecht Thema ist. „Es ging um Wissen und Kompetenzen, Interaktion und Diskussion. Auch Fragen der Methodik standen im Mittelpunkt. Die jungen Studierenden haben selten eine Bibliothek von innen gesehen. Daher ging es darum, die handwerklichen Defizite aufzuarbeiten und ihnen das Rüstzeug für die kommenden Semester zu geben“, erläutert Brodowski. Auch die soziale Interaktion und der Blick über den Tellerrand waren dem Juniorprofessor dabei wichtig. „Studieren heißt nicht nur Lernen. Das Campusleben ist ein ganz wesentlicher Aspekt, daher schloss ein Gastvortrag die Vorlesung ab“, sagt er.

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Wenn man die strafrechtlichen Fälle gemeinsam diskutiert und erarbeitet, versteht man auch leichter. Da hat man richtige Aha-Erlebnisse. Das motiviert und macht viel mehr Spaß, als immer nur allein vor dem Rechner zu lernen.

Studentin Julia Wolff

Ein weiteres Zusatzangebot hat Christina Ost, Wissenschaftliche Mitarbeiterin von Studiendekan Professor Marco Mansdörfer konzipiert: „Wir haben Ergänzungskolloquien im Strafrecht angeboten, die alle zwei Wochen stattfanden. Die Resonanz war so groß, dass wir vier Gruppen à 60 Teilnehmerinnen und Teilnehmer hatten. Ein Kolloquium davon fand online statt, die andern drei haben wir im Laufe des Semesters bei den steigenden Inzidenzen hybrid veranstaltet“, sagt Christina Ost, die selbst zwei der Kolloquien hielt. Die anderen beiden boten Maria Gahn und Kai-Daniel Weil an, sie sind Wissenschaftliche Mitarbeiter an den strafrechtlichen Lehrstühlen von Dominik Brodowski und Mustafa Temmuz Oğlakcıoğlu.

„Wir vermittelten allgemeine strafrechtliche Grundlagen und halfen, diese weiter zu schulen und auszubauen. Dazu gehörte vor allem auch ein gezieltes Falltraining, wobei wir diskutieren und argumentieren übten“, erläutert Christina Ost. Dieses methodische Training ist in Jura allgemein wichtig - das strafrechtliche Zusatzangebot wirkt sich daher positiv auf das Jurastudium im Allgemeinen aus. Das Angebot kam sehr gut an. Vor allem, die Theorie anhand aktueller Fälle aus der Rechtsprechung zu veranschaulichen, war für die Studierenden aufschlussreich. „Das hilft sehr. Wenn man die strafrechtlichen Fälle gemeinsam diskutiert und erarbeitet, versteht man auch leichter. Da hat man richtige Aha-Erlebnisse. Das motiviert und macht viel mehr Spaß, als immer nur allein vor dem Rechner zu lernen“, so das Resümee von Studentin Julia Wolff.

Unter www.uni-saarland.de/semesterstart gibt es weitere fachübergreifende Angebote und Infos.
Zusatzangebote gibt es auch in anderen Fakultäten, zum Beispiel in der Philosophischen Fakultät: https://www.uni-saarland.de/fakultaet-p/studienkoordination/foerderung-studieneingangsphase.html
Interessant auch: das Schlüsselqualifikations-Angebot des ZelL: https://www.uni-saarland.de/einrichtung/zell/schluesselkompetenzen-programm.html

 

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