Übersetzen ist "ihr Ding": Christin Weiß ist inzwischen im Masterstudium. Sie will Übersetzerin werden.
Bachelor „Language Science“ bildet Sprachexperten für Berufe der Zukunft aus
„Irgendwas mit Übersetzen studieren“ – so viel stand für Christin Weiß fest, als sie vor vier Jahren auf der Suche nach dem passenden Studienfach war. Ihre Wahl fiel auf „Language Science“. Der Bachelorstudiengang war 2016, als sie mit dem Studium begann, an der Universität des Saarlandes gerade neu eingeführt worden. „Mich hat gereizt, dass das Studium so viele verschiedene Bereiche umfasst, einer davon ist Übersetzen. Ein weiteres Thema ist Phonetik, was mich auch sehr interessiert“, erzählt die Saarländerin. In Info-Veranstaltungen erfuhr die heute 26-Jährige, dass die Fachrichtung Sprachwissenschaft und Sprachtechnologie zudem einen weiterführenden Masterstudiengang anbietet, der sich konkret mit dem Übersetzen beschäftigt, aber auch Einblicke in die Methoden der maschinellen Verarbeitung von Sprache vermittelt – eine Kombination, die deutschlandweit einzigartig ist. „Insofern passte alles.“
Zu Beginn des Studiums werden die theoretischen und methodischen Grundlagen des Fachs vermittelt – beispielsweise in Translation (Übersetzen), Linguistik, Computerlinguistik, Phonetik oder in Syntax und Morphologie, also der Analyse von Satz- und Wortstrukturen. „Außerdem hatten wir eine Lehrveranstaltung in Psycholinguistik“, erinnert sich Christin Weiß. „Da wird untersucht, wie menschlicher Sprachgebrauch auf neuronaler Ebene funktioniert, zum Beispiel, was beim Abspeichern von Wörtern im Gehirn passiert.“
Wie vielfältig und inhaltlich breit aufgestellt das Fach „Language Science“ ist, zeigt ein Blick auf die Beschreibung des Studiengangs im Internet: Von vier möglichen Wahlpflichtbereichen müssen die Studentinnen und Studenten drei auswählen und erfolgreich abschließen. Christin Weiß erläutert: „Neben Translation und Phonetik gibt es die Wahlpflichtbereiche ‚Europäische Sprachen‘ sowie Sprachverarbeitung.“ Den letztgenannten Schwerpunkt hat sie nicht gewählt, denn: „Sprachverarbeitung beschäftigt sich viel mit Computerlinguistik und enthält einiges an Mathematik, das ist nicht so ganz mein Ding.“
„Ihr Ding“ ist und bleibt das Übersetzen: Die Kompetenzen, die Christin Weiß für ihren Beruf als zukünftige Übersetzerin braucht, vermittelt ihr der Wahlpflichtbereich Translation/Übersetzen. Hierzu gehören fortgeschrittene Sprachkenntnisse in Englisch und mindestens einer romanischen Sprache sowie Kompetenzen in der Methodik des Übersetzens und im Übersetzen selbst. Die Studentin hat sich für Spanisch entschieden – daneben werden Französisch und Italienisch angeboten. „Spanisch hatte ich schon in der Schule, das hat mein Interesse für Fremdsprachen geweckt“, erzählt sie. Nach drei Semestern Sprachkursen geht es ab dem vierten Semester mit dem Übersetzen weiter. „Wir haben querbeet mit allen möglichen Texten gearbeitet – zum Beispiel mit medizinischen Texten, politischen Reden oder Kochrezepten“, berichtet die junge Frau. Im Übrigen werde das Übersetzen von Laien oft mit dem Dolmetschen verwechselt: „Übersetzer arbeiten mit schriftlichen Texten, Dolmetscher übertragen dagegen mündlich von einer Ausgangs- in eine Zielsprache“, erklärt sie.
Im Wahlpflichtbereich „Europäische Sprachen“ stehen die Sprachstruktur und der Gebrauch von Deutsch im Vergleich zu den beiden Fremdsprachen im Mittelpunkt. „In der Germanistik haben wir uns beispielsweise mit dem Satzbau im Deutschen befasst. Oder mit Dialekten. So hat Christin Weiß in einem Hauptseminar das „am-Progressiv“ in Dialekten untersucht: „Der Satz ‚ich bin gerade am Kochen‘ ist eine Dialektvariante des Deutschen, vor allem im westdeutschen Sprachraum. Die übliche standardsprachliche Form wäre: ‚Ich koche gerade‘“, erläutert sie. Besonders gut gefallen hat ihr auch ein Proseminar zum Erstspracherwerb bei Kindern. „Es ging darum, wie ein Kind seine Muttersprache lernt, welche Stadien es dabei gibt und wann beispielsweise welcher Laut gelernt wird.“
Gerhild SieberIn den Kursen konnte man immer alles fragen, gemeinsam wurden dann Antworten erarbeitet.
Christin Weiß
Auch in den beiden Fremdsprachen seien die Lehrveranstaltungen sehr anwendungsorientiert gewesen: „Es gab überwiegend Seminare, in denen man Hausarbeiten und Referate macht, sowie Übungen, in denen Texte bearbeitet werden.“ Ein Thema im Spanischen sei das „Code-Switching“ gewesen, bei dem Menschen beim Sprechen von einer Sprache in eine andere wechseln. „Auf Facebook habe ich die Einträge zweier Gruppen von Mexikanern untersucht, die in die USA immigriert waren – und Spanisch und Englisch in ihren Dialogen mischten“, berichtet sie. Welche Unterschiede es im Deutschen und Spanischen hinsichtlich Struktur und Wortwahl gibt, war Thema eines Hauptseminars. „Konkret habe ich mich mit Humor in Hotelbewertungen im Internet befasst und beispielsweise Übertreibungen oder schwarzen Humor in negativen Bewertungen verglichen.“
In Englisch stand ein Proseminar zu „Angewandter Linguistik“ auf dem Lehrplan. „Wir haben beispielsweise den Aufbau von Forschungstexten untersucht und gelernt, wie man wissenschaftliche Texte möglichst schnell lesen und die wichtigsten Infos erfassen kann“, berichtet sie. Ein Hauptseminar über „International Business Communication“ brachte die Studentin auch zum Thema ihrer Bachelorarbeit: „Im Hauptseminar wurde behandelt, wie sich Unternehmen in Werbetexten präsentieren. Über einen speziellen Punkt – das Krisenmanagement – habe ich meine Abschlussarbeit geschrieben.“ Dabei hat sie am Beispiel des Textilhandelsunternehmens H&M anhand von Facebook untersucht, wie das Unternehmen mit negativen Schlagzeilen umgeht, „beispielsweise, welche Kampagnen in der Folge gestartet wurden.“
Einen ganz anderen sprachwissenschaftlichen Aspekt trägt der Wahlpflichtbereich Phonetik zum Studium bei: Hier geht es um das akustische Signal und seine Umwandlung im Ohr. „Dazu gehört der Aufbau des Ohrs, die Sprachproduktion und die Artikulation von Sprachlauten“, erklärt Christin Weiß. Was jeder Sprachenschüler als Lautschrift kennt, ist in der „IPA-Tabelle“, dem „Internationalen Phonetischen Alphabet“, für die Laute aller Sprachen beschrieben. Auch dieser Wahlpflichtbereich sei sehr praxisnah gelehrt worden. „Beispielsweise schaut man sich an, welche Sprechorgane an der Lautbildung beteiligt sind“, sagt die Studentin und nennt ein Beispiel: „Beim Spanischen ‚t‘ liegt die Zunge direkt hinter den oberen Schneidezähnen, im Deutschen dagegen berührt die Zunge den Gaumen weiter oben im Mundraum, am so genannten Zahndamm.“
Das Studium umfasst also jede Menge Lernstoff aus vielen unterschiedlichen Bereichen – Ist das zu schaffen? Die Dozenten hätten einem immer mit Rat und Tat zur Seite gestanden, lobt Christin Weiß. „In den Kursen konnte man immer alles fragen, gemeinsam wurden dann Antworten erarbeitet.“ Zudem sei das Lernklima unter den Studenten prima gewesen: „Gegen Ende waren wir eine kleinere Gruppe – man hat sich untereinander gut verstanden und gegenseitig geholfen. Das war sehr angenehm, ich hätte das so nicht vom Studium erwartet.“ Nach ihrem Bachelorabschluss hat Christin Weiß daher gleich mit dem Masterstudium „Translation Science and Technology“ weitergemacht, der eine Spezialisierung aufs Übersetzen beinhaltet. Um einen Vorgeschmack davon zu bekommen, wie Übersetzerinnen und Übersetzer im Alltag arbeiten, will sie im Februar kommenden Jahres ein Praktikum in einem Saarbrücker Übersetzungsbüro machen – und damit so richtig in der Praxis ankommen.
zum Studiengang "Language Science": www.uni-saarland.de/studium/angebot/bachelor/language-science.html
zum Übersetzen: www.lst.uni-saarland.de/studium/uebersetzer-der-zukunft.html
zum Masterstudiengang „Translation Science and Technology“: www.uni-saarland.de/studium/angebot/master/translation.html
Der Master bietet eine in Deutschland einmalige Kombination aus klassischer Übersetzerausbildung und technologischem Know-how und vermittelt den Umgang mit Übersetzungstools sowie Verständnis für die dahinterstehenden Prozesse des maschinellen Lernens. → Artikel „Ein Blick hinter die Kulissen der Sprachtechnologie“
- Bilder Gerhild Sieber Gerhild Sieber
- YouTube https://www.youtube.com/watch?v=8-GnMD4zBv8&list=PLi-f3DaJEfm3nhiVfqNvXGhxiGJOa7TWO&index=11