Gerhild Sieber

Die Psychologie-Studentin Lisa Peuckmann ist von den vielen Facetten des Fachs begeistert.

Psychologie

„Überall greifen psychologische Prozesse“

Wie sich Menschen verhalten, welche Rolle die Umwelt und die genetische Veranlagung dabei spielen, und wie sich psychische Störungen und Krankheiten erkennen und behandeln lassen – mit diesen und anderen Themen beschäftigen sich Studentinnen und Studenten im Fach Psychologie. Eine von ihnen ist die 23-jährige Masterstudentin Lisa Peuckmann. Sie schätzt vor allem die Vielseitigkeit des Psychologie Studiums.
Von Gerhild Sieber • 09.07.2020

„Das Erleben und Verhalten von Menschen steckt in allem. Überall greifen psychologische Prozesse, das ist sehr spannend“, sagt Lisa Peuckmann. Die junge Frau aus Hessen hat bereits ihren Bachelorabschluss in Psychologie an der Saar-Uni gemacht, nun studiert sie im zweiten Mastersemester. Ursprünglich wollte sie Psychotherapeutin werden, doch das Studium hat ihr neben der „Therapeuten-Schiene“ viele neue Möglichkeiten eröffnet, wie man später im Beruf Menschen helfen kann, erzählt sie.   

Für alle Bachelorstudentinnen und -studenten stehen zunächst die wissenschaftlichen Grundlagen auf dem Lehrplan, denn als Psychologen müssen sie die Forschungsmethoden beherrschen. Ein wesentlicher Baustein ist die Statistik. Dazu gehören in den ersten beiden Semestern jeweils eine vierstündige Vorlesung sowie Übungen und Tutorien. „In den Veranstaltungen wird schnell klar, wozu man statistische Erhebungen braucht, denn es werden auch Studien vorgestellt und Interpretationen behandelt“, erklärt Lisa Peuckmann – und beruhigt: „Für Statistik muss man kein Mathe-Genie sein. Zudem hat man viele Ansprechpartner, die einem das Fach näherbringen.“ Auch für spätere Therapeuten sei Statistik wichtig: „Da geht es beispielsweise um Therapieformen und ihre Evaluation: Um aus Studien die richtigen Ergebnisse herauszulesen, braucht man entsprechende Kenntnisse.“ Zu den Forschungsmethoden gehört auch die korrekte Versuchsplanung – „also das experimentelle Design und die Versuchsauswertung“, sagt Lisa Peuckmann. Ihre erste eigene Studie machen die Studenten beim sogenannten Empiriepraktikum im dritten und vierten Semester: „Das ist ein ‚angeleitetes Experimentieren‘ in Gruppenarbeit. Man trifft sich einmal in der Woche mit dem jeweiligen Dozenten und bespricht beispielsweise, worauf man im Versuch achten muss oder wie Grafiken aufbereitet werden“, erläutert sie. Das soll Lust auf die Forschung machen.

Daneben vermittelt das Studium Grundlagenwissen zu den einzelnen psychologischen Arbeitsbereichen: „In der allgemeinen Psychologie lernt man zwei Semester lang die Grundlagen kognitiver Prozesse wie Wahrnehmung, Gedächtnis oder Denken kennen“, sagt Lisa Peuckmann. Während man annimmt, dass diese Vorgänge bei allen Menschen weitgehend gleich sind, schaut die Differentielle Psychologie auf die Unterschiede zwischen einzelnen Personen, beispielsweise hinsichtlich Intelligenz und Persönlichkeit. In der Biopsychologie werden unter anderem neurologische und hormonelle Prozesse behandelt, die mit psychologischen Funktionen einhergehen, aber auch genetische Einflüsse diskutiert. Aufgabe der Sozialpsychologie sei es zu untersuchen, wie Menschen einander beeinflussen und wie sie in Beziehung zueinander stehen. Ein Beispiel aus dem Alltag sei der so genannte Ankereffekt: „Setzt eine Person einen Wert fest, beispielsweise einen Verkaufspreis auf dem Flohmarkt, so lässt sich das Gegenüber davon beeinflussen und korrigiert beim Handeln sein Gegenangebot von diesem Ankerwert aus.“

„Wie Lernprozesse über die Lebensspanne hinweg verlaufen, beispielsweise, wann Babys und Kleinkinder bestimmte Fähigkeiten erwerben, ist Thema der Entwicklungspsychologie im zweiten Bachelor-Jahr“, sagt Lisa Peuckmann. Um erste Anwendungen geht es in der Klinischen Psychologie und Neuropsychologie, wo psychische Erkrankungen wie Depressionen thematisiert werden. „Dabei lernt man auch Diagnosekriterien kennen und bekommt einen Ausblick auf mögliche Behandlungsschritte.“ Die eigentliche Psychotherapie-Ausbildung sei derzeit allerdings nicht Teil des Studiums, sondern (noch) eine eigene Ausbildung, die sich an den Masterabschluss anschließt. „Künftig soll diese Ausbildung jedoch als Spezialisierungsmöglichkeit im Masterstudium selber möglich sein“, weiß Lisa Peuckmann.

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Die Sozialpsychologie untersucht, wie Menschen einander beeinflussen und wie sie in Beziehung zueinander stehen.

Im Masterstudium wählen die Studentinnen und Studenten aus sieben möglichen Wahlpflichtfächern drei aus. Lisa Peuckmann hat sich unter anderem für die Arbeits- und Organisationspsychologie entschieden, die das Erleben und Verhalten von Menschen an ihrem Arbeitsplatz analysiert. Bisher seien unter anderem Methoden der Personalauswahl und das Thema Zeitmanagement behandelt worden. „Zudem haben wir im Rahmen des arbeits- und organisationspsychologischen Praxisseminars einen Kreativitätsworkshop für Informatik-Studenten auf Englisch entwickelt und gehalten. Dabei haben wir den Studenten kreative Denkmethoden an die Hand gegeben und sind in die Rolle des Personalentwicklers geschlüpft“, erzählt die Studentin begeistert.
 
„Es gibt so viele spannende Themen im Studium“, sagt die 23-Jährige. Im Moment ist sie vom Thema „kognitive Ergonomie“ fasziniert. Die ziele darauf, die Interaktion des Menschen mit seiner Umwelt – insbesondere mit der Technik – zu verbessern. Die Studentin erläutert ein Beispiel: „Beim Abheben von Bargeld aus Geldautomaten kam früher zuerst das Geld aus dem Automaten, danach die EC-Karte. Das hat dazu geführt, dass viele Leute ihre Karte im Automat vergessen haben. Daraufhin hat man die Reihenfolge geändert: Die Karte wird als erstes ausgeworfen. Nun vergisst man die Karte nicht mehr, weil die Sache, die man erledigen wollte, nämlich Geld abheben, noch nicht abgeschlossen ist – eine ganz simple Lösung.“ Die Studentin glaubt, dass der Arbeitsmarkt in diesem Bereich weiter anwachsen wird.

Einstweilen ist Lisa Peuckmann aber noch mit viel Begeisterung und Engagement mitten im Studium. Tiefere Einblicke in psychologische Forschungs- und Arbeitsmethoden bekommt sie durch ihre zwei Jobs in der Fachrichtung. So hat sie beispielsweise mehrere Semester lang in der Forschungsgruppe für Angewandte Statistische Modellierung als Tutorin bei Lehrveranstaltungen mitgeholfen – und jetzt, im Masterstudium, ist sie sogar an Planung und Lehre beteiligt. Und: Von Anfang an war die 23-Jährige auch im Fachschaftsrat tätig, wo sie sich für die Belange von Psychologie-Studentinnen und -Studenten einsetzt.

Thema der Bachelor-Arbeit

In ihrer Bachelor-Arbeit hat Lisa Peuckmann untersucht, ob es einen Zusammenhang gibt zwischen dem Engagement von Menschen in der Arbeit und in ihrer Freizeit, beispielsweise im Ehrenamt. Die Fragestellung: Hängen „Arbeitsengagement“ und „Lebensengagement“ zusammen – oder schließen sie sich aus? Die Studentin wertete einen bereits erhobenen Datensatz aus und fand einen positiven Zusammenhang zwischen Arbeits- und Lebensengagement. Dies passt zu der Annahme eines „generellen Engagements“, das sich auf mehrere Lebensbereiche erstreckt.

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