Marc Meyers u.a.
Materialforschung

Humboldt-Preisträger folgte Roosevelts Spuren am Amazonas

Es ist die Neugierde. Sie treibt den Humboldt-Preisträger Marc Meyers an, der vor kurzem am Leibniz-Institut für Neue Materialien (INM) auf dem Campus der Saar-Uni forschte. Der Materialwissenschaftler von der University of California will wissen, warum Materialien aus der Natur so sind, wie sie sind und was sich davon möglicherweise technisch nutzen lässt. Diese Neugierde war es auch, die ihn auf die Spuren des amerikanischen Präsidenten Theodore Roosevelt in das Amazonas-Gebiet führte.
Von Carola Jung • 13.07.2017

Nachdem er die Wahl für eine dritte Amtszeit als US-Präsident verlor, suchte Theodore Roosevelt ein Abenteuer: Vor rund hundert Jahren begab er sich mit 20 Männern in den brasilianischen Dschungel, zum River of Doubt. Marc Meyers wollte genau diese Landschaft neu entdecken, denn als Materialwissenschaftler hatte er hier die Möglichkeit, einer Fülle an Formen und Prinzipien auf den Grund zu gehen -  in Pflanzen, in Federn, bei Fischen, bei Vögeln. Nicht mit neunzehn, sondern lediglich mit zwei weiteren Expeditionsmitgliedern und einem Fotografen begann Meyers 2014 seine Reise entlang des heutigen Rio Roosevelt, in den der damalige River of Doubt umbenannt wurde. Ausgerüstet  mit Kompass, GPS, einer neun Millimeter Kaliber Pistole und Camping-Trocken-Essen wollten sie ihr Ziel verwirklichen: Proben von Fauna und Flora sammeln und die Landschaft erleben, so wie Roosevelt hundert Jahre zuvor. Von Cáceres aus legte das Expeditionsteam rund 1200 Kilometer zurück, zu Fuß, zu Pferd und in Kajaks.

Ich habe mich gar nicht wohl gefühlt, als bewaffnete Einheimische aus dem Gebiet Cinta Larga auf uns zukamen. Die Männer erwiderten unseren Gruß nicht.

Marc Meyers

Wie schon bei Roosevelt war die Expedition alles andere als einfach. Sie begann für Meyers vor allem nass: „Ich hatte keine Gelegenheit, unsere Kajaks vorher einmal auszuprobieren – am ersten Tag kippte ich gleich zweimal um“, erzählt Meyers. Dabei ist gerade der Fluss gefährlich: unpassierbare Stromschnellen, tosende Wasserfälle und Getier waren zu überwinden, um auf sicherer und freier Bahn auf dem Fluss voranzukommen. Bienen, Moskitos, Schlangen, Spinnen und Krokodile waren die ständigen Begleiter der Crew. So waren Ausruhmomente im Zelt nur mit offenen Augen und Ohren möglich.

Aber nicht nur die Natur, sondern auch die Menschen in den indianischen Gebieten wirkten gefährlich: „Ich habe mich gar nicht wohl gefühlt, als bewaffnete Einheimische aus dem Gebiet Cinta Larga auf uns zukamen. Die Männer erwiderten unseren Gruß nicht. Das Stammesoberhaupt  war sehr beunruhigt, dass wir das Gebiet passieren wollten; wir hatten keine offizielle Genehmigung eingeholt und er wäre verantwortlich gewesen, wenn uns etwas zugestoßen wäre. An dieser Stelle mussten wir die Tour abbrechen und nahmen sie an anderer Stelle wieder auf.“

Meyers‘ Neugierde tat die Begegnung mit den Einheimischen keinen Abbruch. Er wollte sie immer noch verstehen – die Prinzipien der Naturmaterialien. Und er entdeckte sie: Formen von Pflanzen und tierischen Materialien, die in der Natur sehr selten vorkommen: Lianen mit quadratischem Querschnitt, Federn, deren Schaft an der dicksten Stelle rund ist und zur Spitze hin kontinuierlich quadratisch wird. Er fand heraus, dass die Federn dadurch besonders biegsam aber auch besonders leicht sind. Er untersuchte die Beißkraft von Piranhas, den Aufbau von Tukan-Schnäbeln und mit welchen besonderen Schuppen Fische gegen Piranha-Angriffe gewappnet sind.  

Seine Reise ist noch nicht zu Ende: Im August 2017 startet er zur letzten Etappe seiner Expedition: 750 Kilometer auf dem Apa River. Nicht nur die Moskitos warten auf ihn, sondern auch unzählige, unvergessliche Momente, die seinen Wissenshunger stillen sollen. Als Gastgeber wählte der Humboldt-Preisträger für seinen zweimonatigen Aufenthalt das INM -  Leibniz-Institut für Neue Materialien, das auf dem Campus der Universität des Saarlandes seinen Sitz hat. Sein Weg führte ihn ans INM, weil er die innovativen Ideen und die analytischen Möglichkeiten des Saarbrücker Leibniz-Institutes schätzt. Besonders die Gecomer-Technologie und die persönliche Verbundenheit zu Eduard Arzt, Wissenschaftlicher Geschäftsführer am Leibniz-Institut und Professor für neue Materialien der Saar-Uni, bestärkten ihn in seiner Wahl.

Rio Roosevelt

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