Thorsten Mohr

Personaler Stefan Schaus (l.) und Student Felix Brinkmann haben sich bei einem Workshop an der Uni kennengelernt.

Karriere nach dem Studium

Vom Uni-Seminar in die Festanstellung in einem Jahr

Besser geht’s kaum: Felix Brinkmann nimmt an einem Seminar zum Thema Vorstellungsgespräch des Career Centers der Uni teil. Dort trifft er auf Seminarleiter Stefan Schaus, der als Personalverantwortlicher bei der Scheer GmbH einen profunden Einblick in die Perspektive eines Recruiters vermitteln kann – und natürlich, worauf es im Vorstellungsgespräch ankommt. Die Chemie stimmt auf Anhieb: Ein gutes Jahr später hat Felix nach einer Zeit als Werksstudent einen festen Vertrag als IT-Berater bei Scheer in der Tasche.
Von Thorsten Mohr • 21.07.2020

Es ist eine Geschichte, die keineswegs diejenigen entmutigen sollte, deren Geschichte nicht exakt genauso endet. Denn die wenigsten Erzählungen über junge Berufseinsteiger dürften so ausgehen wie die von Felix Brinkmann. Aber sie ist zu gut, um sie nicht zu erzählen. Denn der 24-Jährige, der bald sein Informatikstudium an der Saar-Uni beenden wird, ist über einen Uni-Workshop zuerst an eine Werksstudenten-Stelle und schließlich an einen festen Vertrag als IT-Berater gekommen.

Aber der Reihe nach: Im Sommersemester 2019 – was Coronaviren sind, wussten damals allenfalls Virologen und schnupfengestählte Hausärzte – nahm Felix Brinkmann gemeinsam mit rund 20 weiteren Studentinnen und Studenten an einem Seminar des Career Centers der Universität des Saarlandes zum Thema Vorstellungsgespräch teil. Dort ist er auf Stefan Schaus getroffen, dessen täglich Brot Vorstellungsgespräche sind: Er ist bei der Scheer GmbH, in den beiden markanten roten Türmen am Nordende des Saarbrücker Uni-Campus, als Personaler für die Auswahl der Mitarbeiter verantwortlich. Schaus vermittelt den Studentinnen und Studenten, wie ein Vorstellungsgespräch abläuft, worauf Personaler beim Gespräch achten und auch, worauf Berufseinsteiger beim Vorstellungsgespräch achten sollten. Später gibt es noch ein Rollenspiel: Schaus spielt, wenig überraschend, den Personaler. Die Studenten schlüpfen in die Rolle des Bewerbers und spielen mit Stefan Schaus ein Bewerbungsgespräch durch. Als es in besagtem Seminar im Sommer 2019 soweit war, meldete sich Felix Brinkmann als erster für die Aufgabe. „Mir macht sowas einfach Spaß“, sagt der 24-Jährige. Als er dann vor Stefan Schaus saß, beobachtet von seinen rund 20 Kommilitonen, verstärkte sich für Stefan Schaus der gute Eindruck, den er in der Zwischenzeit von Felix Brinkmann gewonnen hatte. „Felix ist mir bereits vorher als kommunikativ und sehr aufgeschlossen aufgefallen“, erzählt er rückblickend. „Er hat im Workshop auch sehr intelligente Fragen gestellt und sich die Zusammenhänge sehr schnell erschlossen.“

 

Wir haben zu dem Zeitpunkt ohnehin Informatiker als Werksstudenten gesucht, also sagte ich nach dem Workshop zu ihm: ‚Ich hoffe, dass wir bald deine Bewerbungsunterlagen bekommen.'

Stefan Schaus, Scheer GmbH

 

Nach dem simulierten Gespräch stand für Stefan Schaus daher auch fest, dass Felix der richtige Kandidat fürs „echte“ Berufsleben bei der Scheer GmbH ist. „Wir haben zu dem Zeitpunkt ohnehin Informatiker als Werksstudenten gesucht, also sagte ich nach dem Workshop zu ihm: ‚Ich hoffe, dass wir bald deine Bewerbungsunterlagen bekommen.‘“ Der Rest ist Geschichte. Ab 1. Oktober 2020 arbeitet Felix Brinkmann als IT-Berater für die Software Scheer-PAS, mit der Unternehmen und Institutionen ihre Prozessabläufe automatisieren und optimieren können.

Das hört sich nun alles an wie im Film: Der Underdog wird plötzlich Millionär, Filmstar oder Prinzessin. So simpel ist es bei Felix Brinkmann jedoch nicht. Denn was sich vordergründig wie die Geschichte eines Lotto-Gewinners anhört, ist weniger dem glücklichen Zufall geschuldet als vielmehr einer passenden Mischung aus Können, gegenseitiger Sympathie und Selbstbewusstsein. „Es ist nicht meine erste Stelle“, verrät der Informatiker dann auch. „Ich habe bereits als IT-Berater bei einem Unternehmen in Frankfurt gearbeitet, bis das Angebot von Scheer kam. Die Arbeit für die Frankfurter Firma war auch sehr schön, aber dort hatte ich nur interne Projekte bearbeitet“, erklärt Brinkmann. „Das war aber nicht das, was für mich Consulting ausmacht. Ich wollte mehr Kontakt zum Kunden.“ Und hier passte nun das Angebot von Stefan Schaus und Scheer wie der Deckel auf den Topf. „Stefan sagte mir, dass ich hier viele Kundenprojekte machen kann, und die Verantwortung wurde auch schnell größer. Das schätze ich sehr und das hat mich direkt gecatcht!“

 

Stefan sagte mir, dass ich hier viele Kundenprojekte machen kann, und die Verantwortung wurde auch schnell größer. Das schätze ich sehr und das hat mich direkt gecatcht!

Felix Brinkmann

 

Dass die Chemie zwischen einem Studenten, der an einem Workshop zum Thema Vorstellungsgespräch, und einem Firmenvertreter – und natürlich der Firma selbst – dermaßen gut ist, ist selten, weiß auch Stefan Schaus zu berichten. „Die Zielgruppe des Career Centers umfasst ja alle Studenten der Uni. Daher sind das in den meisten Fällen Leute, die nicht unmittelbar zu unserer Zielgruppe gehören“, sagt er. Ein IT-lastiges Unternehmen wie die Scheer GmbH hat naturgemäß einen geringeren Bedarf an Literaturwissenschaftlern, Chemikern oder Biologen. „Aber die Workshops am Career Center sind eine gute Möglichkeit, dass die jungen Leute das Unternehmen Scheer auch kennenlernen. Wir wollen ja nicht nur die Typen in den roten Türmen am Rande des Campus sein, wir wollen ja Teil des Campus sein“, so der Personalexperte, der die Zusammenarbeit mit dem Career Center der Uni daher nicht als Aufgabe à la „Muss man halt machen“ sieht, sondern als Gewinn für alle. Die Biologiestudentin hat ja auch etwas davon, genauso wie der Literaturwissenschaftler, wenn sie wissen, wie ein Personalverantwortlicher tickt und worauf er achtet. Und wer weiß, welche Konstellationen sich vielleicht aus solchen Seminaren doch ergeben können: „Vielleicht hat der Literaturwissenschaftler ja einen Bruder oder eine Schwester, die Informatik oder etwas in die Richtung studiert, die für uns interessant ist. Und dann erzählt er seinem Geschwisterteil, dass Scheer ja eine interessante Option sein könnte“, spinnt Stefan Schaus den Gedanken weiter.

Nun mag mancher auf die Idee kommen, dass die Workshops des Career Centers von den kooperierenden Firmen als Werbeveranstaltung genutzt werden. „Das ist aber keineswegs der Fall“, erklärt Christina Pizzuti, die solche Workshops am Career Center plant und organisiert. „Wir achten schon sehr darauf, dass die Dozenten das Hauptthema im Blick haben und das Seminar nicht als kostenlose Recruiting-Möglichkeit missbrauchen“, führt sie aus. Dass das auch tatsächlich so ist, kann Felix Brinkmann bestätigen. Denn das „Vorstellungsgespräche“-Seminar war nicht der erste Workshop des Career Centers, den er mitgemacht hat. Vorher war er schon bei den Themen wie „Gehaltsverhandlung“ und „Schriftliche Bewerbung“ dabei. „Die Workshopleiter haben immer ein paar Minuten über sich und ihre Firma gesprochen.“ Danach stand aber ausschließlich das Workshop-Thema im Mittelpunkt, berichtet er. Mit dieser Erfahrung im Rücken sagt er: „Ich kann nur jedem raten, das zu machen. Denn man lernt wirklich viele Dinge, die man sich nur schlecht selbst beibringen kann.“

Wer nun aufgrund der beeindruckenden Geschichte von Felix Brinkmann beispielsweise denkt: „Wow, das ist super. Aber mir wird das nie passieren können, weil ich das falsche studiere“, der sollte sich nicht entmutigen lassen. Denn auch das ist klar: „Es gibt ja immer noch die verbreitete Meinung, Personaler stellten im Vorstellungsgespräch extra fiese Fragen, um die Bewerber in die Falle zu locken. Das stimmt aber nicht. Zumindest wir fragen nur die Sachen, die wir wirklich wissen wollen“, sagt Stefan Schaus. „Die perfekte Antwort gibt es nicht. Die beste Antwort hingegen ist die authentische.“ Die ist unabhängig von der Fachrichtung. Und wer kann schon wissen, wohin sie führt.

 

Info

Das Team des Career Centers unterstützt die Studierenden dabei, ihr Studium praxisnah zu gestalten: So gibt es eine Praktikums- und Stellenbörse für Studierende, auf der Unternehmen kostenlos rund 3000 Stellen jährlich veröffentlichen, eine regelmäßig stattfindende Campusmesse mit über 75 Unternehmen sowie On- und Offline-Veranstaltungen und Vorträge zu Themen wie Bewerbungsunterlagen, Vorstellungsgespräche, Networking oder Assessment Center. Viele dieser Themen werden gemeinsam mit Unternehmensvertretern umgesetzt, in der Regel aus dem Personalbereich, die von ihrem Blickwinkel und ihren Erfahrungen berichten. Die Teilnahme ist kostenlos.
Infos und Kontakt unter www.uni-saarland.de/career-center

 

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