
Das Ambiente beim Nobelpreisträger-Treffen in Lindau ist sehr festlich. Das durfte auch Doktorand Marco Zeiger erleben.
Sightseeing auf dem Wissenschafts-Olymp
Was im Sport oder beim Film Stars wie Christiano Ronaldo, Sebastian Vettel oder Brad Pitt sind, sind in der Wissenschaft die Nobelpreisträger: unerreichbare Größen, die ihre Disziplin buchstäblich in anderen Ligen ausüben als der Feld-Wald-und-Wiesen-Sportler und der Schauspieler auf der Dorfbühne. Anders als in Sport und Film sind die Superstars der Wissenschaft aber recht unprätentiöse Wesen.
So hat es zumindest Marco Zeiger erlebt. Der Doktorand, der bei Professor Volker Presser an der Saar-Uni promoviert und auch in dessen Programmbereich am INM Leibniz-Institut für Neue Materialien forscht, war vom 26. Juni bis 1. Juli einer von 400 jungen Wissenschaftlern aus aller Welt, die zum Nobelpreisträger-Treffen nach Lindau am Bodensee eingeladen wurden.
Berührungsängste sind dort schnell verflogen. „Wenn man zum ersten Mal neben solchen Leuten steht, denkt man: ‚Soll ich den jetzt ansprechen oder nicht?‘ Der Respekt ist groß. Aber dann merkt man: Die wollen ja, dass man sie anspricht“, erzählt der junge Wissenschaftler. In lockerer Atmosphäre, in Diskussionsrunden, Workshops oder auch beim Grillabend, können die handverlesenen Nachwuchsforscher mit den Nobelpreisträgern über Fachliches sprechen. „Aber das eigentlich Interessante war natürlich auch das Drumherum, was die Preisträger erzählen konnten: Wie war ihr Chef früher drauf? Haben sie tatsächlich nur gearbeitet oder hatten sie auch mal Freizeit? Solche Dinge wurden viel gefragt.“ Dabei haben Marco Zeiger und seine jungen Kollegen festgestellt, dass auch Nobelpreisträger ganz normale Menschen sind, die wie er einmal als junger Doktorand im Labor den Grundstein ihrer Karriere gelegt haben.
Zeiger, der vor seiner Promotion in Saarbrücken Mikrotechnologie und Nanostrukturen studiert hat, forscht am INM an einem Energiespeicher, der superschnell ge- und entladen werden kann. „So genannte Superkondensatoren auf Kohlenstoffbasis können zwar schnell ge- und entladen werden, haben im Vergleich zu handelsüblichen Batterien aber eine sehr geringe Kapazität. In meiner Doktorarbeit erforsche ich eine Mischung aus Superkondensatoren und Batterien, um die Vorteile beider Systeme zu kombinieren“, erklärt der 28-Jährige. Vor allem für die Nutzung erneuerbarer Energien wäre das ein großer Vorteil: Wenn der Wind nicht weht und die Sonne nicht scheint, könnten solche Hybrid-Energiespeicher kurzzeitige Netzschwankungen abfangen.
Julia Nimke/Lindau Nobel Laureate MeetingsAuch Nobelpreisträger Stefan Hell konnte Marco Zeiger sprechen. Der Direktor des Max-Planck-Instituts für Biophysikalische Chemie hat 2014 den Chemie-Nobelpreis für seine Forschungen zur Mikroskopie erhalten. Beeindruckt hat Marco Zeiger vor allem die Verbissenheit des Forschers, der zum Teil mit heftigen Widerständen in der Wissenschaftscommunity kämpfen musste.
Ähnlich wie Marco Zeiger haben auch die 30 Nobelpreisträger in Lindau einst als junge Doktoranden angefangen. Rückblickend war der Weg in den Wissenschafts-Olymp nicht ausschließlich von wissenschaftlicher Brillanz vorgegeben, weiß Marco Zeiger nun aus erster Hand: „Das sind alle ganz normale Typen. Der Unterschied zu vielen anderen Wissenschaftlern ist, dass sie sich richtig in ein Thema festgebissen haben. Die sind hartnäckig“, hat er erfahren.
Als Beispiel fällt ihm Stefan Hell ein. Der Chemie-Nobelpreisträger des Jahres 2014 arbeitete an der Entwicklung eines revolutionären Lichtmikroskopie-Verfahrens. Viele deutsche Forscher haben abgewinkt, als sie von seinem Vorhaben erfuhren, ein grundlegendes Gesetz der Physik zu umgehen, das die Auflösung von Lichtmikroskopen begrenzt. „Manche Wissenschaftler wie Stefan Hell wurden zu Anfang überhaupt nicht ernst genommen“, sagt Marco Zeiger. Dennoch haben sie an ihre Sache geglaubt und mit aller Verbissenheit weiter geforscht, zur Not auch aus eigener Tasche.
Dieses Durchhaltevermögen, gepaart mit wissenschaftlicher Brillanz und auch ein wenig Glück – „Wenn ein Gerät kaputt geht, kann die Arbeit für mehrere Monate still liegen“ – ist allen Preisträgern zu eigen.
Bedauerlich ist allerdings, dass Marco Zeiger nun nicht mehr nach Lindau reisen kann, um weitere Nobelpreisträger zu treffen. „Wenn man einmal eingeladen wurde, darf man nicht mehr wiederkommen. Nach einem Mal ist Schluss“, sagt der junge Doktorand. Eine Möglichkeit gäbe es allerdings noch: Wenn er einen Nobelpreis gewinnt, wird er sicherlich wieder nach Lindau eingeladen. Wenn das keine Motivation ist.

Marco Zeiger, 28, promoviert derzeit bei Volker Presser, Professor für Energie-Materialien und Leiter der Arbeitsgruppe Energie-Materialien am INM Leibniz-Institut für Neue Materialien. Zuvor hat er an der Saar-Uni bereits Mikrotechnologie und Nanostrukturen studiert.
Link zur Arbeitsgruppe: http://presser-group.com/
Link zum Nobel-Laureate-Meeting-Blog von Marco Zeiger: http://www.lindau-nobel.org/spicy-energy-storage-energiespeicherung-mit-...
- Bilder Christian Flemming/Lindau Nobel Laureate Meetings INM Leibniz Institut für Neue Materialien Julia Nimke/Lindau Nobel Laureate Meetings