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400. Todestag von William Shakespeare

„Shakespeare ist absolut aktuell”

Am 23. April 1616 verstarb William Shakespeare in Stratford-upon-Avon. 400 Jahre danach werden Shakespeare-Kenner in ganz Europa und weltweit des bedeutenden Dichters gedenken und sein Werk auch weiterhin intensiv diskutieren. Für Anglistik-Professor Joachim Frenk von der Universität des Saarlandes ist Shakespeare ein europäischer Dramatiker und Dichter. Er habe zum einen europäische Einflüsse in seinen Dramen verarbeitet, ohne die sein Werk nicht denkbar sei. Zum anderen könne man bei Shakespeare Denk- und Handlungsweisen nachlesen, die zum kulturellen Kernbestand des modernen Europas gehörten.
Von Friederike Meyer zu Tittingdorf • 12.04.2016

„Shakespeare hat auch nach 400 Jahren nicht an Aktualität verloren. Herrschaftskonflikte und die Verteilung von Macht spielen in seinem Werk eine zentrale Rolle, aber auch die wachsende Bedeutung des Individuums in einer Zeit großer Umbrüche“, sagt Joachim Frenk, Professor für Britische Literatur- und Kulturwissenschaft der Saar-Uni. Für ihn spiegeln sich in den Dramen des vermutlich meistverkauften Dichters aller Zeiten nicht nur zeitgenössische Themen wider. „Shakespeare hat viele Themen verarbeitet, die uns auch heute beschäftigen und die mit Blick auf das britische Referendum im Juni absolut aktuell sind, etwa die Frage, was wir eigentlich unter Europa verstehen und welche Rolle die Nationalstaaten spielen“, erläutert Frenk.

Warum Shakespeare heute immer noch ein Publikumsrenner ist und auf vielen Bühnen der Welt gespielt wird, erklärt Joachim Frenk damit, dass Shakespeares Werke auf vielfältige Art zu interpretieren seien und sich letztgültigen Auslegungen entziehen. „Shakespeare wurde im Laufe der 400-jährigen Rezeptionsgeschichte häufig politisiert und auch für bestimmte Interessen missbraucht. Die Wurzeln für die anhaltende deutsche Shakespeare-Begeisterung gehen zurück in das 18. Jahrhundert“, so Frenk. 1864 wurde die Deutsche Shakespeare-Gesellschaft gegründet, bezeichnenderweise als eine der ersten deutschen literarischen Gesellschaften überhaupt – und noch vor der Gründung ihres englischen Pendants. „Die Kenntnis der Werke Shakespeares wurde immer mehr zum Bildungsgut des Bürgertums, an deutschen Universitäten wurde die akademische Shakespeare-Forschung vorangetrieben“, erklärt der Anglistik-Professor, der selbst der deutschen Shakespeare-Gesellschaft angehört, ebenso wie der International Shakespeare Conference. 

Jörg Pütz

Shakespeare wurde im Laufe der 400-jährigen Rezeptionsgeschichte häufig politisiert und auch für bestimmte Interessen missbraucht

Professor Joachim Frenk

Und was antwortet der Experte auf die häufig gestellte Frage, ob Shakespeare überhaupt der Autor seiner Dramen ist? „Es gibt viele Verschwörungstheorien, nach denen in Wirklichkeit andere Personen die Werke verfasst haben. Diese Theorien sind spannend nachzuvollziehen und spiegeln oft zeithistorische Interessen wider, sie sind jedoch letztlich unwahrscheinlich, zuweilen auch abenteuerlich“, sagt Frenk. Unumstritten hingegen sei die Tatsache, dass Shakespeare nicht alle seine Werke allein geschrieben hat. „Manche Dramen sind nachweislich Gemeinschaftsprodukte mit anderen Dramatikern; auf diesem Feld wird derzeit intensiv geforscht. In einem weiteren Sinne arbeiteten bei allen frühneuzeitlichen Theaterstücken die Dramatiker mit den Schauspielern, den Produktionsstätten und nicht zuletzt dem Publikum eng zusammen“, erläutert Professor Frenk.

Stratford-upon-Avon
William Shakespeare

Wikipedia

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