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Seit über 20 Jahren erforscht Henning Madry die Ursachen der Arthrose.

Medizin

Abnehmen hilft bei Arthrose

Seine Forschung wurde vielfach ausgezeichnet - darunter auch von der NASA: Professor Henning Madry, Direktor des Zentrums für Experimentelle Orthopädie der Universität des Saarlandes, ist einer der führenden Arthrose-Forscher.
Von Claudia Ehrlich • 22.05.2019

Arthrose ist zur Volkskrankheit geworden. Entgegen landläufiger Meinung handelt es sich dabei laut Henning Madry nicht um einen altersbedingten Gelenkverschleiß. „Beim Gelenkknorpel gibt es keinen Abrieb wie beim Autoreifen. Vielmehr handelt es sich um eine chronische Krankheit wie Bluthochdruck oder Diabetes“, sagt der Arthrose-Spezialist. Zunehmend seien auch junge Patienten von den chronischen Schmerzen und der eingeschränkten Beweglichkeit betroffen, die die Arthrose mit sich bringt. Dagegen hätten viele ältere Menschen keine Beschwerden.

Portrait: Rüdiger Koop

Beim Gelenkknorpel gibt es keinen Abrieb wie beim Autoreifen.

Henning Madry, Professor für Experimentelle Orthopädie und Arthrose-Forschung der Universität des Saarlandes

Als elastisches Gewebe verhindert gesunder Knorpel, dass Knochen an Knochen reibt. Er verteilt den Druck der Belastung beim Gehen, Laufen oder Springen und hat dabei, so Madry, die Funktion eines Stoßdämpfers. Die Verschleißerscheinungen seien höchst individuell. Bei jungen Menschen sei Kniegelenks-Arthrose oft genetisch bedingt. Mit zunehmendem Alter werde der Knorpel häufig aufgrund mechanischer Überlastung abgenutzt, etwa infolge falscher Belastung beim Sport wie einseitige Bewegungen oder auch infolge von zusätzlichen Beinfehlstellungen wie O- oder X-Beinen. „Wenn die Beinachse nicht mehr durch die Mitte des Kniegelenks verläuft, kommt es zu einer lokalen Überlastung an der Innenseite des Knies, aus der sich im Zusammenspiel mit anderen Faktoren eine Arthrose entwickeln kann“, erklärt der Mediziner, der unter anderem daran forscht, die Therapie bei Patienten mit einer solchen Achsabweichung zu verbessern.

Oft wird Arthrose zu spät erkannt.

Der Schaden an Knorpel und Knochen ließe sich zwar nicht ungeschehen machen. Aber es könne dem Fortschreiten der Schädigung entgegengesteuert werden. Wichtig sei daher, die Arthrose früh zu erkennen. „Der Gelenkknorpel selbst hat keine Nervenzellen, verursacht also auch keine Schmerzen. Oft wird die Arthrose daher zu spät erkannt“, sagt Madry. Wichtig sei, das Bewusstsein für mögliche Schädigungen zu wecken. „Beispielsweise können neben der mechanischen Überlastung des Knorpels infolge Beinachsen-Fehlstellung auch eine unentdeckte Hüftdysplasie im frühen Kindesalter das Risiko einer Arthrose erhöhen“, erklärt er.

Bei bestehender Schädigung gibt es je nach Einzelfall verschiedene Möglichkeit, den Verschleißprozess zu verlangsamen und Schmerzen zu lindern wie Physiotherapie oder Krankengymnastik. „Obwohl Knieprothesen gute Ergebnisse bringen, sollten bei jungen Patienten immer die gelenkerhaltenden Ansätze Berücksichtigung finden", erklärt der Mediziner. „In jedem Falle ist eine Verringerung des Körpergewichts zu empfehlen. Abnehmen ist das wirksamste Mittel bei Arthrose-Schmerzen im Knie. Wer sein Gewicht um 20 Prozent reduziert, hat deutlich weniger Schmerzen und auch ein geringeres Fortschreiten der Knorpelzerstörung“, sagt er.

Die frühe Kniegelenks-Arthrose steht im Zentrum eines Forschernetzwerks, an dem Madry beteiligt ist. Der Verbund ist eines von acht interdisziplinären Netzwerken aus führenden Experten, die das Bundesforschungsministerium ausgewählt hat, um Erkrankungen des Bewegungsapparates vorzubeugen und die Therapien zu verbessern. Der Bund fördert dieses Projekt mit mehr als einer halben Million Euro.

Seit mehr als 20 Jahren erforscht Henning Madry die Ursachen der Arthrose. Er untersucht, wie man verschiedene Varianten von Knorpelersatz, etwa im Labor gezüchtete Knorpelimplantate, weiter verbessern kann, um der echten Knorpelmasse möglichst nahe zu kommen. Unter anderem arbeitet er an einem Verfahren, mit dem bestimmte körpereigene Gene in kranke Knorpelzellen geschleust werden. Die Zellen können dadurch spezielle Wachstumsfaktoren produzieren und zur Heilung des Gewebes beitragen. Madry ist klinisch als orthopädischer Chirurg tätig und verfügt über spezielle Expertise in regenerativen Behandlungen für Knorpeldefekte. 2011 gründete er zusammen mit Kollegen und Partnern aus der Region das „Knorpelnetz der Großregion“, um Neuerungen in der Knorpel- und Arthroseforschung effizienter voranzubringen. Rund 50 Mediziner, Molekularbiologen und Ingenieure aus dem Saar-Lor-Lux-Raum tauschen sich hier in regelmäßig aus. Trotz Rufen nach Regensburg und Freiburg entschied er sich dafür, an der Saar-Uni zu bleiben.

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Weitere Informationen finden Sie auf den Internetseiten des Zentrums für Experimentelle Orthopädie und des Lehrstuhls für Experimentelle Orthopädie und Arthrose-Forschung von Professor Henning Madry am Universitätsklinikum des Saarlandes.
 

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